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Educasts sind im Grunde genommen Medientechnologien, die in Bildungskontexten eingesetzt werden.
Doch diese Medientechnologie macht spezifische Szenarien und Bildungsarrangements möglich. Entlang
der Akteursgruppe kann in Szenarien unterschieden werden, die beispielsweise eher Wissensrezeption in-
tendieren, oder – weil es einfach geht – in der Produktion und Distribution die Gestaltung durch Lernende.
Die Wissensrepräsentation wird zum Beispiel beim instruierenden Lehren durch das Aufzeichnen von
Vorträgen und Vorlesungen oder Erklärungen in den Vordergrund gerückt. Die Struktur der Lerninhalte
kann dabei sequentiell gestaltet werden. Die Möglichkeit, nicht verstandene Vortragsabschnitte sanktionslos
zu wiederholen, kann dabei eine Steigerung der Motivation bei den Lernenden erwirken (Schulmeister,
2001).
Lernende können dann ihren Lernstoff frei nach eigenen Bedürfnissen oder Lernständen auswählen. Bei
diesem Modell agieren die Herstellenden als Lehrende, von denen die Rezipientinnen und Rezipienten et-
was lernen sollen. Den Educasts können angeleitete Übungen und Aufgaben beigefügt werden, mit dem
Ziel, durch ihre Bearbeitung die kognitive Verarbeitung des Gelernten zu fördern. Derartige Nutzung in in-
struierenden Lernformen folgt dem Lernmodell des Kognitivismus, bei dem davon ausgegangen wird, dass
Lernprozesse durch die geleitete Aufnahme und Verarbeitung von Wissen erfolgen: Reize werden aufge-
nommen und einer kognitiven Verarbeitung und Bewertung unterzogen.
Beide Varianten könnten auch für eher konstruktivistische Lernformen angepasst werden: Das gemein-
same Annotieren von Educasts wäre konstruktivistisch, da die Lernenden ihre Ideen und Meinungen mit
dem instruierenden Educast verknüpfen. Auch beim Konzept des Flipped Classrooms (siehe Kapitel #offe-
neslernen) können instruktionale Educasts zur Erlangung von Vorwissen eingesetzt werden, um dann eine
diskursive Auseinandersetzung über das Gelernte in der Lerngruppe anzuregen.
Eine andere Variante ist die Produktion von Educasts nicht durch Lehrende, die instruieren, sondern
durch die Lernenden selbst und kann dem konstruktionistischen Lernen zugeordnet werden (Harel & Pa-
pert, 1991). Die Aufgabe, selbst einen Educast zu erstellen, fordert Lernende dazu heraus, ihr selbst ange-
eignetes Wissen wiederzugeben und für die Konstruktion eines Educasts zu strukturieren. Dazu erstellen sie
ein Drehbuch.
Diese Nutzungsform von Educasts fördert ein konstruktivistisches Lernen: Wissen wird nicht vorgege-
ben und gelernt, sondern muss selbst erschlossen, verarbeitet, strukturiert und transferiert werden, um in die
Konstruktion eigener kognitiver Schemata zu münden. Durch die Arbeit an der Konstruktion einer eigenen
Darstellung des Wissens wird dieser Prozess unterstützt. Der Educast dient dann als ein zu konstruierendes
Artefakt, das als eine veräußerlichte Form der erfolgten Lern- und Denkprozesse diskutiert werden kann.
Derartige Mediennutzung für Lernprozesse wird auch als Learning-by-Designing (Kafai & Harel, 1991) be-
zeichnet.
Mit Bezug auf den gesamten Prozess, von der Planung, über die Produktion bis zur Distribution und
dem sich danach anschließenden Diskurs um die Information, steht der Kontext zu einer bildungstheore-
tisch-subjektwissenschaftlichen Basis (Faulstich & Zeuner, 1999) oder vor konstruktivistischem Horizont
einer Ermöglichungsdidaktik (Arnold, 2003).
Ergänzend zur idealen technischen Umsetzung von Podcasts ist besonders ihre adäquate didaktische Gestal-
tung zu beachten. Neben den oben aufgeführten lerntheoretischen Überlegungen zum Einsatz von Educasts
gilt es, den didaktischen Zweck, den pädagogischen Kontext und das didaktische Szenario zu planen.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569