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L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
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383 Die „geteilte Welt“ ist jedoch nicht einfach gegeben, ebenso wie Kognition entsteht sie in einem aktiven Prozess: Menschen reagieren nicht nur auf Stimuli in der Umwelt, sondern wir verändern und strukturieren sie in hohem Maße. Der Philosoph Andy Clark (1995) bezeichnet dies als Scaffolding (Errichten eines Ge- rüsts): Wir strukturieren unsere Umwelt so, dass sie uns in unseren Handlungen, bzw. beim Erwerb von Fä- higkeiten unterstützt. Ein alltägliches Beispiel ist der Terminkalender: Wir müssen uns nicht länger jeden Termin merken, stattdessen werfen wir kognitive Last ab (man spricht von engl. „offloading cognitive load“) und interagieren mit unserem Terminkalender, indem wir Einträge machen, bzw. ihn konsultie- ren. Eine kognitiv anspruchsvolle Aufgabe – hier: viele unterschiedliche Termine exakt „im Kopf haben“ – wird auf wenige Handlungsmuster in Form der Interaktion mit einem Artefakt heruntergebrochen. Darüber hinaus strukturieren wir unsere Umwelt nicht nur durch Artefakte, wie Werkzeuge, Terminkalen- der, Städte, sondern durch soziale Konventionen, Organisationen und – nicht zuletzt — durch Sprache. Letztere bezeichnet Clark (1995) als „ultimatives Artefakt“, weil sie folgende Funktionen erfüllt: Ein symbolisches Artefakt hat immer den Aspekt der Referenz. Das heißt ein Symbol referiert auf den Gegenstand, für den es steht. Es ist klar, dass diese Referenz nicht im Symbol selber, sondern durch eine Zuschreibung durch ein oder mehrere kognitive Systeme geschieht. Das Artefakt ist so- zusagen nur Träger für eine potentielle Referenzfunktion. Darüber hinaus vermögen symbolische Artefakte Teile unseres Gedächtnisses stabil zu halten und die Strukturierung der Umwelt zu verhandeln. Über Artefakte beeinflussen wir die Interaktionsmöglichkeiten anderer mit der Welt und werden in noch stärkerem Maße selbst beeinflusst. Mit anderen Worten: Kognition (hier ist weitgehend menschliche Ko- gnition gemeint) hat immer eine sozio-kulturelle Dimension, man spricht in diesem Kontext auch von Si- tuated Cognition (Clark, 2001). Die nächste Generation erhält nicht nur die Gene der Elterngeneration, son- dern wächst in die entstandenen sozialen und organisationalen Strukturen sowie die Interaktion mit physi- schen Artefakten hinein. Tomasello (1999) bezeichnet diesen Umstand in seinem Buch „The Cultural Ori- gin of Human Cognition“ als Ratscheneffekt (engl. „ratchet effect“): Wie die Zacken des Zahnrads, welche die Drehung der Ratsche in eine Richtung erzwingen, ermöglichen Artefakte den Aufbau neuer Interakti- onsmuster auf der Basis der bereits geschaffenen Artefakte. Hutchins (1995) wechelt daher die Betrachtungsebene: In seinem Artikel „How a cockpit remembers its speeds“ ist der Forschungsgegenstand kognitives System nicht mehr das Individuum, sondern ein sozio- technisches System, das nicht nur aus Individuen (Piloten/Pilotinnen), sondern auch aus Artefakten (Mess- instrumente und Unterlagen) im Cockpit, besteht. Um zu verstehen, warum das Flugzeug sicher landet, reicht es aus seiner Sicht nicht aus, die kognitiven Prozesse im Kopf der Piloten/Pilotinnen zu analysieren, eine Erklärung für die Leistung findet sich erst, wenn man alle Formen der Repräsentation – sei diese im Gehirn, auf Papier, einem Messinstrument oder eine sprachliche Äußerung, sowie die Interaktionsmuster zwischen ihnen — analysiert. (Man beachte an dieser Stelle eine weitere Umdeutung des Begriffs der Re- präsentation!)
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L3T Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Titel
L3T
Untertitel
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Herausgeber
Martin Ebner
Sandra Schön
Verlag
epubli GmbH
Ort
Berlin
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 3.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
594
Schlagwörter
L3T, online
Kategorie
Lehrbücher

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 1
  2. Einführung 11
  3. Von der Kreidetafel zum Tablet 27
  4. Die Geschichte des WWW 39
  5. Hypertext 51
  6. Geschichte des Fernunterrichts 65
  7. Informationssysteme 75
  8. Webtechnologien 89
  9. Multimediale und interaktive Materialien 99
  10. Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
  11. Human-Computer-Interaction 117
  12. Didaktisches Handeln 127
  13. Medienpädagogik 139
  14. Systeme im Einsatz 147
  15. Kommunikation und Moderation 157
  16. Forschungszugänge und -methoden 167
  17. Planung und Organisation 177
  18. Literatur und Information 185
  19. Die „Netzgeneration“ 201
  20. Multimedia und Gedächtnis 209
  21. Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
  22. Prüfen mit Computer und Internet 227
  23. Blogging und Microblogging 239
  24. Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
  25. Educasting 257
  26. Game-Based Learning 267
  27. Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
  28. Offene und partizipative Lernkonzepte 287
  29. Qualitätssicherung im E-Learning 301
  30. Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
  31. Lernen mit Videokonferenzen 319
  32. Simulationen und simulierte Welten 327
  33. Barrierefreiheit 343
  34. Genderforschung 355
  35. Zukunftsforschung 363
  36. Kognitionswissenschaft 373
  37. Diversität und Spaltung 387
  38. Lern-Service-Engineering 397
  39. Medientheorien 405
  40. Das Gesammelte interpretieren 413
  41. Wissensmanagement 421
  42. Sieht gut aus 427
  43. Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
  44. Interessen und Kompetenzen fördern 445
  45. Spielend Lernen im Kindergarten 455
  46. Technologieeinsatz in der Schule 465
  47. Technologie in der Hochschullehre 475
  48. Fernstudium an Hochschulen 483
  49. Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
  50. E-Learning in Organisationen 497
  51. Erwachsenen- und Weiterbildung 507
  52. Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
  53. Sozialarbeit 525
  54. Human- und Tiermedizin 531
  55. Online-Labore 539
  56. Mehr als eine Rechenmaschine 547
  57. Bildungstechnologien im Sport 557
  58. Fremdsprachen im Schulunterricht 569
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