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169 | www.limina-graz.eu ̟ Google erstellt geografische „Heatmaps“ von Grippe-Erkrankun-
gen, und zwar auf der Basis von Suchdaten – deutlich bevor die Pa-
tienten zum Arzt gehen, googeln sie ihre eigenen Symptome, was
den Suchalgorithmen auffällt.
̟ Erdbeben tauchen unmittelbar in den Karten von Fitnesstracker-
Apps auf, und zwar durch unüblich gehäufte Aktivität in bestim-
mten Regionen, weil Menschen aufschrecken und sich etwa nachts
bewegen.
̟ Facebook filtert und priorisiert (wenige) Beiträge (vieler) anderer
Nutzer auf Basis von Nutzerverhalten und Profilierung.7 Amazon
macht es ebenso.
Big Data und alles damit ist auch Big Business – und Big Politics.
Profile, Filterblasen und Echokammern
Der unmittelbar sichtbare Vorteil dieser „Datenveredelung“ sind zuge-
schnittener Content, bessere Vorhersagen (etwa bei Google Maps Naviga-
tion im Auto) und weniger Informationsüberfluss bzw. weniger intellek-
tuelle Lese- und Einordnungsanforderung. Big Data weiß, was wir wollen
– und hilft uns dabei, es zu finden bzw. präsentiert es uns schon unauf-
gefordert.
Das ist nicht vorrangig negativ. Dabei übergehe ich das Datenschutzpro-
blem vorerst bewusst – ob es gut ist, dass außer mir noch andere über In-
teressen, Vorlieben und Verhalten fast alles weiß, ist ein anderes Thema.
Dazu später etwas mehr unter dem Stichwort Selbstbestimmung.
Die Anwendung dieser Muster und Profilierungen birgt ganz wesentlich eine
andere Gefahr: Diese Filterung hebt vorrangig vermeintlich gewünsch te
Inhalte in die Aufmerksamkeit der Nutzer. Und mit jeder Nutzung verfes-
tigt sich dieser Wunsch einerseits für das filternde System – andererseits
vielfach für den so versorgten Nutzer.
Sehr vereinfacht formuliert: wer Wienerschnitzel liebt, wird nur noch mit
Gebackenem versorgt. Doch wenn Sie Gemüse lieben, wollen Sie sich viel-
leicht nicht ausschließlich vegan ernähren…
Christian Ekhart | Big Data und Metadaten
Muster und Profilierungen sind selbstverstärkend – sie fokussieren Inhalte
mit jeder entsprechenden Nutzung in zunehmendem Maß.
7 Die im Frühjahr 2018 bekannt
gewordene Affäre der von Facebook
an Cambridge Analytica weitergege-
benen Daten ist nur eine Metaform
des Grundproblems. Die von Cam-
bridge Analytica angewandten Stra-
tegien wurden bzw. werden weiter-
hin natürlich auch Facebook-intern
angewandt.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 1:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 236
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven