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21 | www.limina-graz.eu sich darauf, die Begründung der Menschenrechte offen zu lassen und die-
se Aufgabe Religionen, Kulturen, Traditionen und Weltanschauungen zu
überlassen (vgl. Martin 2005, 827–845).
Diese Einladung prägt das Verhältnis von Religionen und Menschenrech-
ten in gleichem Masse, als dies die Kritik tut, die sowohl von Religionen
an den Menschenrechten als auch an Religionen aus menschenrechtlicher
Perspektive erfolgt. Die brückenbildende Wirkung des Diskurses über eine
moralische Begründung der Menschenrechte und die wechselseitige Kritik
fliessen in das Konzept der „Adaption“ ein, das schliesslich die Anknüpfung
des dritten Schrittes eröffnet, welcher der Frage nach einer Verantwortung
von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften für die Menschenrechte
nachgeht.
Demokratie und Menschenrechte
Hand in Hand
Menschenrechte und Demokratie gehen Hand in Hand: Erstens sind alle
Menschen Trägerinnen und Träger von Menschenrechten, die auch po-
litische Teilnahmerechte beinhalten, die demokratische Meinungsbil-
dungs- und Entscheidungsfindungsprozesse konstituieren. Zweitens sind
Menschenrechte durch politischen Diskurs entstanden und bilden einen
politischen Konsens. Drittens können Menschenrechte politisch begründet
werden, auch wenn diese Begründung aus der Perspektive der moralischen
Dimension der Menschenrechte hinsichtlich ihrer Geltung und Wirkung
Grenzen kennt. Viertens bilden die Menschenrechte den Referenzrahmen
für politisches Handeln und Entscheiden: Menschenrechte müssen in de-
mokratischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen sowie in
der Umsetzung von politischen Programmen geachtet werden. Menschen-
rechte können so eine friedliche Koexistenz unter Achtung der Menschen-
rechte von Traditionen, Kulturen, Religionen, Weltanschauungen und
-vorstellungen ermöglichen, alle Menschen dazu befähigen und darin er-
mutigen, sich in den politischen Diskurs einzubringen, und Minderheiten
vor menschenrechtsverletzenden Mehrheitsentscheidungen schützen.
Dem Verhältnis zwischen den die Demokratie schützenden Menschenrech-
ten und allen anderen Menschenrechten liegt das den Menschenrechten
inhärente Prinzip der Unteilbarkeit zugrunde. Das Prinzip der Unteilbarkeit
besagt, dass der Katalog der Menschenrechte implizit zusammengehört,
Peter G. Kirchschläger | menschenrechte, demokratie und religionen
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 194
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven