Seite - 32 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
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32 | www.limina-graz.eu auftreten, wie z. B. eine Nichterfüllung des Prinzips der Verallgemeiner-
barkeit und eine Überforderung angesichts eines pluralistischen Adressa-
tinnen- und Adressatenkreises.
Eine weitere spezifische Herausforderung für religiöse und weltanschau-
ungsbasierte Begründungsversuche kann der Universalitätsanspruch der
Menschenrechte bilden. Denn religiöse und weltanschauungsbasierte Be-
gründungsversuche können angesichts der Universalität der Menschen-
rechte unzureichend bleiben, weil religiöse Lehren in erster Linie partiku-
lare Wirkung erzielen. Damit ist gemeint, dass, während Menschenrechte
einen universellen Geltungsanspruch besitzen, dessen Begründung für alle
Menschen nachvollziehbar sein muss, Letzteres bei religiösen Begrün-
dungsversuchen nicht zwingend der Fall sein muss.
Die Relevanz von religiösen und weltanschaulich basierten Begründun-
gen der Menschenrechte mag ausserhalb der jeweiligen Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaft beschränkt sein. Für die Achtung, den
Schutz, die Durchsetzung und Realisierung der Menschenrechte innerhalb
der jeweiligen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft und für die
Wahrnehmung der mit den Menschenrechten korrespondierenden Ver-
antwortung durch die jeweilige Religions- oder Weltanschauungsgemein-
schaft und durch ihre Mitglieder und Angehörige kann eine religiöse oder
weltanschaulich basierte Begründung der Menschenrechte gar nicht hoch
genug in ihrer Bedeutung eingestuft werden, auch wenn keine Notwen-
digkeit dafür besteht. Letzteres ergibt sich daraus, dass eine moralische
Begründung der Menschenrechte und ihrer universellen Geltung auch für
Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften rechtlich und moralisch
bindend wirkt.
Die hohe Bedeutung von religiösen und weltanschaulich basierten Be-
gründungen der Menschenrechte ergibt sich daraus, dass es einer religi-
ösen und weltanschaulich basierten Begründung zu zeigen gelingt, dass
die Menschenrechte dem entsprechen, was sich z. B. aus Gottes Liebe bzw.
aus der Liebe zu Gott ergibt (vgl. Raz 1986, 31–32; vgl. dazu auch Assmann
2015). Daneben braucht es notwendigerweise eine moralische Begründung
der Menschenrechte, welche die Begründung der Menschenrechte auch für
Menschen plausibilisiert, die z. B. nicht an die Liebe Gottes glauben oder
Gott nicht lieben (vgl. Raz 1986, 31–32). Die einzigartige und essentielle
Peter G. Kirchschläger | menschenrechte, demokratie und religionen
Doch Anknüpfungspunkte zwischen der eigenen Religion und den Menschen-
rechten aufzuzeigen, dient der weltweiten Verwirklichung der Menschenrechte.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 194
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven