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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
Seite - 99 -
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99 | www.limina-graz.eu axel Bernd Kunze | staat – Identität – recht Was wir brauchen, ist ein intelligent geführter Kampf gegen Ausgrenzung. Dieser wird verhindert, wenn Begrenzungen grundsätzlich unter General- verdacht gestellt werden. Notwendig sind Kategorien und normative Kri- terien, mit denen Unterscheidungen möglich bleiben: Was sind ungerechte Ausschließungen? Was sind erhaltenswerte Formen der Differenzierung? Was sind repressive Praktiken? Was sind lebensdienliche Ausdrucksformen persönlicher oder sozialer Identitätsbildung? Die Ausbildung einer Iden- tität, die ihn von anderen unterscheidet, ist für den Menschen lebensnot- wendig. Andernfalls könnte es auch keine Individualität geben. Ordnungen, die darauf zielten, alle Menschen gleich zu machen, waren in der Geschich- te immer Ordnungen der Unfreiheit. Europäische Kultur gründet auf drei Hügeln: Areopag, Kapitol und Gol- gatha – ein Bild, das auf den ersten deutschen Bundespräsidenten, Theo- dor Heuß, zurückgeht. Das griechische Erbe steht für die Selbstregie - rung freier Bürger und die Anerkennung einer vernunftgeleiteten, auto- nomen Wissenschaft. Das römische Erbe zeigt sich im Gedanken einer Herrschaft des Rechts. Beides wird geformt durch die christliche Haltung der Solidarität und Barmherzigkeit sowie die Anerkennung einer gleichen Würde aller Menschen. Alle drei Einflüsse verbinden sich zu dem, was wir als christliches Abendland kennen. Produktiv wurde diese Idee nicht zu- letzt durch die spannungsvolle Polarität von politischer und religiöser Sphäre bei gleichzeitiger Kooperation beider Gewalten – gemäß der schon erwähnten, unnachahmlichen Formel: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mt  22,21). Der Kampf um das rechte Ver- hältnis von Religion und Politik durchzieht die gesamte Geschichte unseres Kulturraumes: vom Investiturstreit über die Reformation und die Aufklä- rung bis zur Gründung säkularer Nationalstaaten – um nur einige Statio- nen zu nennen. Richtig verstanden, verbieten sich damit sowohl politische Heilslehren als auch voreilige Gewissheiten von Seiten der Kirche in vorletzten, politischen Dingen. Wenn Christen sich politisch zu Wort melden, muss dies sachkun- dig geschehen. Wer den politischen Streit über die künftige Rolle des Staa- tes, den Umgang mit Zuwanderung oder das angemessene Verständnis von Integration gerade mit sozialethischen Argumenten unterbindet, gerät in Gefahr, entweder die Religion für (partei-)politische Zwecke zu funktio- nalisieren oder ohne Not staatspolitische Kontroversen zu dogmatisieren „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21).
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
194
Kategorien
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