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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
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19 | www.limina-graz.eu Richard Sturn | Generationengerechtigkeit, Generationenvertrag und Entsolidarisierung mer nur Potentiale zu entwickeln, deren konkrete Entfaltung immer auf später aufgeschoben wird. Menschen und Gesellschaften entwickeln sich weiter, indem sie Potentiale aktualisieren. Das heißt, wir werden immer konkrete Straßen und Brücken bauen, ohne genau zu wissen, welche Wege zukünftige Generationen gehen werden und ob und an welcher Stelle zu- künftige Generationen Straßen und Brücken haben möchten. Wir werden ein konkretes Bildungswesen entwickeln, ohne genau zu wissen, welches Bildungswesen sie für gut befinden würden. Anders ist die Entwicklung menschlicher Gesellschaften nicht vorstellbar. Entwicklung ist nun einmal pfadabhängig. Etwas zu investieren heißt eben immer auch, bestimmte Pfade der Entwicklung zu bahnen und zu beschreiten – und andere nicht. Dies impliziert, bestimmte künftige Verzweigungen des Pfads zu ermögli- chen und andere auszuschließen. Wir können nicht aus der Pfadabhängig- keit aussteigen. Allerdings bedeutet Letzteres keinen Determinismus, weil jeder Pfad normalerweise zu weiteren Verzweigungen führt. In diesem Sinn gilt es, eine normative Heuristik zu entwickeln, welche die für individualis- tische Ansätze typische Offenheit mit übergreifenden Vorstellungen vom guten, menschengerechten Leben in Abwägung bringt. Was lehrt uns dies? Die Frage nach der Gerechtigkeit zwischen den Genera- tionen führt uns nolens volens über eine rein individualistische Perspekti- ve hinaus. Auch wenn wir Individualismus und Selbstbestimmung so hoch halten, wie es sinnvoller Weise möglich ist, so sehen wir uns doch Zusam- menhängen gegenüber, die theoretisch und praktisch nur durch Konzepte zu bewältigen sind, die Kontinuitäten über das einzelne Individuum hinaus und – damit verbunden – Elemente von Gemeinschaft einschließen, wel- che gerade dann schon vorausgesetzt werden müssen, wenn wir die indi- viduellen Perspektiven gegenüber bestimmten Aspekten unseres Zusam- menlebens ernst nehmen. Wir können individuelle Ansichten darüber haben, wie unsere Kinder ge- fördert und gebildet werden sollten, aber diese setzen typischerweise be- stimmte Vorstellungen gemeinschaftlichen Zusammenlebens voraus. Die sozio-kulturelle Reproduktion einer Gesellschaft ist keine Angelegenheit, die sich in voraussetzungsfreie individuelle Präferenzen auflösen ließe. An- ders gesagt: Individuelle Akteure haben Vorstellungen und vielleicht sogar „Präferenzen“ im Hinblick auf sozio-kulturell relevante Aspekte unseres Die Frage nach der Gerechtigkeit zwischen den Generationen führt über eine rein individualistische Perspektive hinaus.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
222
Kategorien
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