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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Seite - 134 -
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134 | www.limina-graz.eu Johannes Thonhauser | Das Narrativ von Bedrohung und Widerstand Pliaßnig muaß a amâl an övangölischer Bsitzer gwesn sein. Es hoaßt, die övangölischen Büacher warn obern Saustâll untern Tönn verstöckter gwesn.‘ Sâgg die Muater drauf: ‚Mei Muater hât ihre Büacher, a die Buaßroasn, dö wr noch hâbm, âf der Radl weit untn in Feld in aner Stoangrösl ghât. Wia obm in Haus die Scheandarn âlls âbgsuacht hâmp, is sie untn ba der Stoangrösl gekniat und hât aus der Buaßroasn laut gebetet.‘ ‚Jâ‘, sâgg der Vâter, ‚man terf nit drauf dönkn, wia sie ʼn âltn Groamânn in der Nöring, wo mein Öngge ângekaft hât, wia a Wild umanândergjâgg hâmp und wia die Kinder gschrian hâmp, wia sie von der Muater wöck nâch Siebenbürgen gliefert worn send, bloß weil die Leut ihrn luthrischn Glaubm nit hâmp aufgebm wölln.‘“ (Unterlercher 1975, 163) Die in Oberkärntner Mundart aufgezeichneten Erinnerungen, die dem jun- gen Unterlercher selbst als Kind erzählt worden waren, wurden vom Kärnt- ner Volkskundler Oswin Moro 1932 als Buch herausgegeben. Sie erschienen also – wohl nicht ganz zufällig – vor dem Hintergrund eines sich poli- tisch radikalisierenden Zeitgeistes und am Vorabend der Etablierung des so genannten „Ständestaates“. Wie bei einem kollektiven Trauma, bei dem „verschüttete Erinnerungen“ unter ähnlichen historisch-gesellschaft- lichen Rahmenbedingungen wieder an die Oberfläche gelangen, gerieten bald nach dem Verbot der NSDAP im Juni 1933 solche „Gegen-Erinnerun- gen“ zur bedeutenden Ressource einer „Gegen-Identität“, die sich dem erneut einsetzenden (Re-)Katholisierungszwang des autoritären „Stände- staats“ widersetzte. „Distinktiv gesteigerte Identität ist eine ‚Gegen-Identität‘ (‚counter- identity‘), eine Widerstandsbewegung. Gegen-Identitäten werden […] gegen die dominierende Kultur ausgebildet und aufrechterhalten […].“ (J. Assmann 1992, 154) Vor diesem Hintergrund muss auch, so eine weitere These dieses Beitrags, der überaus starke Zulauf zur illegalen nationalsozialistischen Bewegung im Kärnten des „Ständestaates“ gesehen werden. Gerade im katholisch gestützten Dollfuß-Schuschnigg-Regime sahen sich viele Sympathisan- ten und Sympathisantinnen des Nationalsozialismus als rechtmäßige Widerstandsbewegung gegenüber einer erneuten Liaison von Staat und Kirche, deren repressiver Katholisierungszwang gerade in den traditionell Verschüttete Erinnerungen gelangen unter ähnlichen historisch- gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wieder an die Oberfläche.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
222
Kategorien
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