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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Seite - 147 -
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147 | www.limina-graz.eu Martina Schmidhuber | Mehr-Generationen-Wohnen als Zukunftsmodell Einsamkeit gilt neuesten Studien zufolge als Krankheit: „Eine Krankheit, die das Aufkommen anderer Leiden begünstigt, von Erkältungen über Depressionen und Demenz bis hin zu Herzinfarkten, Schlaganfällen und Krebs“, konstatiert der Psychiater Manfred Spitzer in seinem Buch Ein- samkeit – die unerkannte Krankheit: schmerzhaft, ansteckend, tödlich (2018, 10). Auch von soziologischer Seite kommt Kritik an einsam-machenden, individualisierten Lebenswelten: „Wer wollte sich wundern, dass aus solchen Wohnformen Depressionen, Burn-out, ADHS und Demenz hervorquellen? Das wird dann alles in die ärztliche Diagnostik getragen und ghettoisiert, damit kann die Frage nach den Quellen der Störungen systematisch und verbissen ausgeblen- det werden.“ (Gronemeyer 2013, 234) Zweifelsohne, der Trend zur Individualisierung in unserer westlichen Ge- sellschaft nimmt zu, so auch beim Wohnen, wie die Entwicklung der ver- gangenen knapp fünfzig Jahre zeigt: Im Jahr 1971 lebten in Österreich 5,4  Prozent der Männer und 12,1  Prozent der Frauen allein, im Jahr 2018 waren es 15,6  Prozent der Männer und 18,2  Prozent der Frauen, die alleine in einem Haushalt lebten. Die Anzahl der Haushalte, in denen „klassische“ Familien als Paar mit Kind(ern) leben, ist deutlich zurückgegangen: von 37,9  Prozent im Jahr 1985 auf 26,9  Prozent im Jahr 2018 (vgl. Statistik Aus- tria 2019). Obwohl der Mensch im Grunde seines Wesens ein zoon politikon ist, entwi- ckeln sich Menschen, je besser es ihnen wirtschaftlich geht, zu Individu- alisten. „Dass damit ihr Risiko der Einsamkeit ebenfalls steigt, dürfte den wenigsten klar sein.“ (Spitzer 2018, 14) Denn vom beabsichtigten Allein- sein, das mit Individualismus und Freiheit verbunden wird, kann man in der ungewollten Einsamkeit landen. Im vorliegenden Beitrag wird zunächst analysiert, wie es vom Mehr-Ge- nerationen-Haus zur individualisierten Wohnform kam, um im darauf folgenden Schritt zu zeigen, dass Menschen in vulnerablen Situationen – in die jede/r sehr schnell kommen kann – ganz besonders auf Wohnen in Gemeinschaft angewiesen sind. Schließlich werden Wohnformen, die Zukunft haben können und das Miteinander wieder in den Blick nehmen, Menschen entwickeln sich, je besser es ihnen wirtschaftlich geht, zu Individualisten.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
222
Kategorien
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