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Roberta Maierhofer | âClash of Generationsâ oder gelebte IntergenerationalitĂ€t: Visages Villages (FR 2017)
Die richtungsweisende Berliner Altersstudie (Mayer/Baltes 1996) fĂŒhrte
zwar in den 1990er-Jahren eine unzureichende und unsichere Wissensbasis
als Schwierigkeit einer Definition von Alter an, dieser Kritikpunkt ist aller-
dings auch aktuell zu bedenken. Daher sind die verfĂŒgbaren Bestimmungen
von Alter zumeist disziplinbezogen. Eine möglichst umfassende Formu-
lierung versucht der in der Sozialgerontologie und Lebenslaufforschung
anerkannte Soziologe und Sozialphilosoph Leopold Rosenmayr zu geben,
indem er versucht, Verlust und Gewinn im Alter in die Definition einzube-
ziehen. Er geht davon aus, dass die körperlichen Prozesse dem Menschen
BeschrÀnkungen und Grenzen setzen, dass allerdings der alternde Mensch
auf der seelisch-geistigen Ebene neue Möglichkeiten erwirbt:
âAltern ist eine naturhafte VerĂ€nderung des Lebendigen, die durch Ver-
luste und EinschrÀnkungen gekennzeichnet ist. Neben dem Altern, dem
naturhaften âVerlieren unter Widerstandâ, und vielfĂ€ltig verschlungen
mit ihm ist ein aufbauendes seelisches Gewinnen, ein seelisches âWachs-
tumâ durch Entwickeln auf Ziele hin möglich. âWachstumâ ist in gewisser
Weise gegenlÀufig zum Altern. Die Lebensprozesse sind umfassender als
die des Alternsâ (Rosenmayr 1995, 21).
Es ist nicht nur die BerĂŒcksichtigung der Ambivalenz eines PhĂ€nomens wie
des Alters, die diese Sichtweise interessant macht, sondern auch der Bezug
auf die Vielfalt der Lebensprozesse, auf die das Altern bezogen wird.
Der problematische Umgang mit Altern/Alter
in den Kulturwissenschaften
Gemessen an diesem offenen Zugang zu Alter/Altern bleiben viele kultu-
relle Darstellungen des Alterungsprozesses und des Alters hÀufig gefangen
in vordergrĂŒndig negativen Stereotypen, wobei die Kategorien Jugend und
Alter mehr subjektiven GefĂŒhlen als klar umrissenen Vorstellungen etwa
hinsichtlich der Zeit oder der Eigenschaften entsprechen. Die Bezeichnung
âaltâ wird zum Beispiel im Alltag oft nur in der Relation âĂ€lter als ichâ ver-
wendet (vgl. Woodward 1991, 6).
Leider folgt die Auswahl der von den Kulturwissenschaften herangezoge-
nen âTexteâ zum Thema Alter oft â unter anderem bei Kathleen Wood-
wardÂ
â dieser NegativitĂ€t, die ein tristes Bild von alten Menschen als Opfer,
âVerlieren unter Widerstandâ, aber auch seelisches âWachstumâ
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven