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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
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Seite - 81 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1

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81 | www.limina-graz.eu Christian Feichtinger | Reinheit und fundamentalistische GefĂ€hrdung Das BedrohungsgefĂŒhl verstĂ€rkt Zusammenhalt, Kollektivismus und die Beachtung sozialer Normen, um eine Bedrohung abzuwehren. Auch fun- damentalistische Gruppen funktionieren nach diesem Prinzip, das GefĂŒhl der GefĂ€hrdung fĂŒhrt zu engeren Bindungen, das Individuum stellt sich zu Gunsten des Ganzen zurĂŒck: „Wie Freud gezeigt hat, blenden Angehörige der Großgruppe in einer narzisstischen Identifizierung miteinander die individuellen Unterschie- de aus. Ihrer Bindung und IdentitĂ€t versichern sie sich dadurch, dass sie so sind wie die anderen Gruppenmitglieder. Andersartiges und Fremdes taucht dann als das Verunreinigende auf. [
] Durch dieses Denken in Kollektiven wird der bedrohliche fremde Andere auch nicht als unab- hĂ€ngiges Individuum gesehen, sondern er ist ein Agent des Feindes, der die eigene HomogenitĂ€t zerstören möchte.“ (Boehler 2011, 40; 43–44) Fundamentalismus bietet einem Individuum auf diese Weise auch Bezie- hung und soziale Integration. Fundamentalistischen Gruppen gelingt eine Form der Beziehungsbildung, die Alan Fiske als communal sharing (CS) bezeichnet hat.11 Solche Beziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie durch ein gemeinsames Band, eine gemeinsame Essenz gebildet werden, etwa familiĂ€re Verwandtschaft, enge Beziehungsformen (Ehe), aber auch durch die Zugehörigkeit zu StĂ€mmen, Nationen oder Glaubensgemein- schaften – CS setzt immer ein gemeinsam geteiltes Spezifikum voraus. Ob- jekte, Symbole und Riten dienen der Veranschaulichung und BekrĂ€ftigung des gemeinsamen Bandes. Das Ideal der CS sind Gleichheit, Zugehörigkeit, Treue, Identifikation und Konformität innerhalb der eigenen Gruppe, ihre Ethik ist von FĂŒrsorge und Verantwortung fĂŒreinander – nicht fĂŒr andere – geprĂ€gt. CS-Beziehungen bieten NĂ€he, Aufgehobensein, Vertrauen und so- ziale Einbindung und wirken daher anziehend auf Menschen. Diese enge, intensive Beziehungsform findet sich in sehr vielen sozialen Kontexten, aber eben auch in fundamentalistischen Bewegungen, die auf diese Weise soziale IdentitĂ€t und Zugehörigkeit ermöglichen. Die gemeinsam wahrge- nommene GefĂ€hrdung verbindet Menschen zu Gruppen, die als CS-Bezie- hung organisiert sind. Nach Fiske weist aber jeder Beziehungsmodus auch Risiken und spezifische Gewaltneigungen auf. Jede CS-Beziehung sorgt sich um ihre StabilitĂ€t, da sie sich auf gemeinsame Grundlagen beruft. Sie ist gefĂ€hrdet durch Abwei- chungen von ihren etablierten Strukturen sowie durch ‚Neue‘ oder ‚Ein- 11 Nach Fiske (1992) lassen sich vier grundlegende menschliche Be- ziehungsmodi unterscheiden, CS ist einer davon. Fundamentalismus bietet eine Beziehung des communal sharing.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
4:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
224
Kategorien
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