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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
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112 | www.limina-graz.eu Adem Aygün | Fundamentalismus im zeitgenössischen islamischen Denken 3 Salafismus als theologisches und historisches Phänomen Im Vergleich zum Christentum, in dem der Begriff Fundamentalismus eine theologische Position bezeichnet, wonach die Heilige Schrift wörtlich zu verstehen ist, verweist der Begriff im Islam auf eine Ideologie des Wider- stands, die im Salafismus verkörpert wird. Mit der schriftlichen Fixierung der Hadithe im 9. Jahrhundert fand die Sun- na (Prophetentradition) als zweite wichtige Quelle nach dem Koran zuneh- mend Anerkennung und Anwendung bei der Auslegung des Koran sowie bei der Entwicklung grundlegender islamischer Prinzipien. Daraus entwickelte sich eine der Hauptströmungen im sunnitischen Islam, die Ahl al-Hadith (Leute des Hadith) genannt wird. Auf der anderen Seite entwickelte sich eine zweite Hauptströmung, die Ahl al-Ra’y, innerhalb derer die subjektive Lehrmeinung und rein rationale Lösungsansätze befürwortet werden. Die rationalistischen Methoden des Ra’y-Ansatzes wurden von Befürwortern des Hadith als bid‘a1 wahrgenom- men und als Abirrungen beschrieben, wobei persönliche Wünsche und In- teressen vor religiöse Prinzipien gesetzt würden. Daher wurden die Anhän- ger dieser Strömung als Abweichler abgewertet. Der Begriff Salafiyya fand im frühen Islam nur selten Anwendung für die Ahl al-Hadith. Es wurde eher der Begriff Hanbaliyya bevorzugt, da die Ahl al-Hadith in Bezug auf rechtliche Bestimmungen die Methode Ahmad ibn Hanbals befolgten. Im Laufe der Geschichte wurde Ahl al-Hadith synonym mit dem Begriff Salafismus verwendet, der sich auf salaf as-salih (die from- men Altvorderen) bezieht und damit auf die ersten beiden muslimischen Generationen nach dem Propheten Mohammed. Hier geht es um die Früh- phase des Islam, deren Gesellschaftsordnung und Religionsvorstellungen als Bezugspunkte für das salafistische Selbstverständnis gelten. Als Asr al- Saada2 wird diese Phase für eine authentische islamische Lebensführung verherrlicht (vgl. Fuchs 2012). In dieser Hinsicht scheint der Salafismus zunächst eine theologische Strö- mung gewesen zu sein. Erst nach der Zerstörung Bagdads durch die Mon- golen (im Jahr 1258) und durch die Lehre von Ibn Taimiyya (1263–1328) bekam er auf der Bühne der Weltgeschichte seinen Platz als eine Ideolo- gie des Widerstands. Bei dieser Umwandlung spielten die durch Kreuz- Zunächst scheint der Salafismus eine theologische Strömung gewesen zu sein, erst später wird er zu einer Ideologie des Widerstands. 1 Bid‘a bezeichnet eine religiöse Neuerung, die sich nicht auf die beiden Hauptquellen des Islam (Ko- ran und Sunna) zurückführen lässt, sondern die allein auf menschlichen Überlegungen beruht. 2 Wörtlich kennzeichnet Asr al- Saada die Epoche des Glücks, die etwa dem Zeitraum der ersten drei muslimischen Generationen ent- spricht und die als Kollektivvorbild idealisiert wird.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
4:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
224
Kategorien
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