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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Seite - 113 -
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113 | www.limina-graz.eu Adem Aygün | Fundamentalismus im zeitgenössischen islamischen Denken züge verursachten Turbulenzen und Identitätskrisen ebenfalls eine Rol- le (vgl. Würtz 2007). Die Lehre Ibn Taimiyyas suggerierte eine Rückkehr zum wahren, ursprünglichen Islam der Altvorderen. Damit beabsichtigte er, den Islam von allen später hinzugefügten Neuerungen zu reinigen, um die muslimische Weltgemeinschaft zu stärken. Er bezeichnete die rationa- len Interpretationen der islamischen Rechts- und Denkschulen als unnötig und behauptete, dass der Koran und die Sunna allein für den Glauben aus- reichen würden. Dabei machte Ibn Taimiyya insbesondere den Volksislam und den Sufismus für die Abweichungen verantwortlich und verurteilte sie scharf. Er forderte den Dschihad gegen Muslime, die religiöse Pflichten nicht praktizierten, und gegen Sekten sowie Gruppen, die er als Abtrünnige bezeichnete. Obwohl diese Lehre zu ihrer Zeit als erfolglos und marginal betrachtet wurde, erfuhr sie im 17. Jahrhundert mit ihrer Wiederaufnahme durch Muhammad ibn Abd al-Wahhab einen neuen Aufschwung und bildet die Grundlage des mit diesem Namen verbundenen Wahhabismus. Eine zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandene Reformbewegung ist hier als weiterer historischer Wendepunkt des Salafismus erwähnenswert, obwohl ihr Einfluss auf ihn nicht so groß war wie der des Wahhabismus. Für die islamische Welt endete das 19. Jahrhundert mit einem Niedergang gegenüber den europäischen Großmächten, der soziokulturelle und wirt- schaftliche Veränderungen und Schwierigkeiten mit sich brachte. Infolge- dessen entstanden unter den Muslimen Zweifel an der islamischen Vor- macht (vgl. Schölch 2004). Als Konsequenz aus diesen Zweifeln gab es unter muslimischen Denkern wie Dschamal ad-Din al-Afghani (1837–1897), Muhammad Abduh (1849– 1905) oder Raschid Rida (1865–1935) Bemühungen um eine Reform der Religion. Dabei gingen sie von einer Diskrepanz zwischen einem mittel- alterlichen Islamverständnis und der vom Westen geprägten Modernität aus und priesen in Reaktion darauf ein Islamverständnis, das auf die Revi- talisierung koranischer Werte und die Rückbesinnung auf eine goldene Zeit abzielte (vgl. Moser 2012). Dazu gehörte auch die Idee, die islamische Welt könne ihre alte Stärke zurückgewinnen, wenn die Muslime sich wieder wahrhaft auf den Ursprung ihrer Religion besännen. Jegliche Erneuerungen bzw. Veränderungen der islamischen Lehre nach 855 wurden abgelehnt, Es entstand die Idee, die islamische Welt könne mit der Rückbesinnung auf den Ursprung ihrer Religion auch ihre alte Stärke zurückgewinnen.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
4:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
224
Kategorien
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