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Rita Perintfalvi | LGBTIQ-Menschen als Zielscheiben rechtspopulistischer und fundamentalistischer Angriffe
Geschlechts aufzuweisen. Laut ICD-10 soll diese starke und anhaltende ge-
gengeschlechtliche Identifikation für mindestens zwei Jahre bestehen.
Dieses Unbehagen im eigenen Körper konzentriert sich insbesondere auf
die körperlichen Geschlechtsmerkmale. So können Betroffene stark von
dem Gedanken eingenommen sein, die primären und sekundären Ge-
schlechtsmerkmale loswerden zu wollen. Transsexuelle vollziehen daher
verhältnismäßig häufig genitale Selbstverstümmelungen (Automutila-
tion). Zudem verursacht Gender Dysphorie in klinisch bedeutsamer Wei-
se Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen
wichtigen Lebensbereichen (vgl. DSM V). Betroffene wollen meist voll-
ständig in ihrem Identitätsgeschlecht leben und sowohl in sozialer als
auch rechtlicher Hinsicht anerkannt werden. Dies impliziert häufig, wenn
auch nicht immer, den Wunsch, den eigenen Körper durch hormonelle und
chirurgische Behandlungen (geschlechtsangleichende Operation) an das
‚Wunsch-Geschlecht‘ anzupassen.
Wenn das ungarische Grundgesetz tatsächlich zum Ziel hätte, das Recht
des Kindes auf seine Identität zu schützen, dann würde es transsexuel-
le Menschen nicht ihrer Menschenwürde berauben. Die Verfassung sollte
ihnen im Gegenteil dabei helfen, ihre eigene Identität auf bestmögliche
Weise finden und erleben zu können.
Intersexualität aus medizinischer Sicht
Im neuen Text des ungarischen Grundgesetzes ist zu lesen, dass „die neu-
en, modernen ideologischen Prozesse, die in der westlichen Welt auftau-
chen, [...] Zweifel an der Geschöpflichkeit des männlichen und weiblichen
Geschlechtes auf[werfen].“ So sind im Jahr 2020 tatsächlich biblisch-re-
ligiöse Vorstellungen über den Anfang der Welt und die Erschaffung des
Menschen in ein säkulares europäisches Grundgesetz hineingelangt.
Nicht nur fundamentalistisch geprägte religiöse Gruppen, die durch ihr
kreationistisches Weltbild der Evolutionstheorie skeptisch gegenüberste-
hen und an die Schöpfung der Welt in sechs Tagen glauben, verleugnen die
wissenschaftliche Position, sondern auch die rechtspopulistische Politik
tut das in diesem Fall. So wird eine politische Haltung, die wie im neuen
Wenn das Gesetz tatsächlich das Recht des Kindes auf seine
Identität schützen möchte, dann würde es transsexuelle
Menschen nicht ihrer Menschenwürde berauben.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 224
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven