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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
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22 | www.limina-graz.eu Irmtraud Fischer | Das Exodus-Paradigma nahmen für das durch das göttliche Ansinnen noch stärker unterdrückte Volk (4,20–23) und andererseits den Zugang zum Königshof, um endlose Verhandlungen mit dem sich immer deutlicher zum sadistischen Despot (5,4–19) entwickelnden Herrscher zu initiieren. Sie werden im Kontext der Plagen-Erzählungen vor Augen geführt, die immer mit demselben Resul- tat enden: Der König lässt sich nicht beeindrucken und bleibt hart. Erst ab der achten Plage schwenkt der Pharao jeweils um und ist bereit, im Göt- terkampf zwischen ihm und JHWH die Niederlage zu akzeptieren. Als al- lerdings die jeweilige Plage aufgrund der Fürbitte von Mose und Aaron zu Ende geht, bricht er wiederum sein Wort (9,8–10,29). Nicht sieben, sondern zehn Mal lässt sich JHWH mit seinem Vorsatz, das Volk aus der Hand seiner Peiniger zu befreien, an der Nase herumführen. Um Befreiung zu erwirken schlägt er nicht einfach drein, sondern erweist selbst bei repulsiver Resonanz noch seine Langmut. Erst die zehnte Plage wird den Erfolg bringen. Sie bildet literarisch eine Inklusion zum geplan- ten Genozid von Ex 1 und ist als Folge des Tun-Ergehen-Zusammenhangs zu verstehen: Der Pharao ließ allen männlichen Nachwuchs töten, JHWH re- agiert nach langem mit der Tötung der männlichen Erstgeborenen der Ägyp- ter (vgl. Ex 11–13). Seine Vergeltung ist damit wesentlich weniger grausam als das, was der Herrscher an seinem Volk verbrochen hatte. Dennoch gibt es heute in Europa viele Menschen, die mit einer Vorstellung, dass Gott bei der Befreiung seines Volkes Mensch und Vieh töten könnte, gravierende Probleme haben.9 Ein Gott, der stark genug für eine Rettung ist, muss sich nach altorienta- lischer Vorstellung aber auch durchsetzen können. Ein Ausweichen in eine Erlösung im Jenseits war religionsgeschichtlich zu jener Zeit, als diese Tex- te entstanden, noch nicht denkbar. Also musste die Befreiung im Diesseits geschehen, oder sie geschah gar nicht. Menschen in Ländern ohne Demo- kratie oder gar im Kriegszustand haben mit einem Gottesbild, das auch Ge- walt miteinschließt, in der Regel weniger Probleme. Ein Gott, der das Recht durchsetzt, muss sich gegen gewalttätige Unrechttäter behaupten können, wenn es eine Rettung geben soll. Wie unterschiedlich diese Bewertung aus- fällt, habe ich in meinen Studienjahren erkannt, als ich die Erzählung Jossel Rakovers Wendung zu Gott (vgl. dazu Kolitz 2008) gelesen habe. Sie spielt im Warschauer Ghetto zu der Zeit, als das nationalsozialistische Terrorre- gime beschloss, das Judenviertel samt den in ihm zusammengepferchten Nicht sieben, sondern zehn Mal lässt sich JHWH an der Nase herumführen. 9 Das wurde mir mit scharfen Leser emails zu meinem Artikel „Wieso lässt Gott beim Exodus Pharaos Elitetruppe ersaufen?“ (Fischer 2011) bewusst gemacht.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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