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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Seite - 156 -
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157 | www.limina-graz.eu Hildegard Wustmans | Missbrauch – die Verspottung der Freiheit „dass sich ein ‚SeelenfĂŒhrer‘ in der Seele eines anderen Menschen fest- setzt und sie nach seinem Willen steuern will; er besetzt sie als Aufpas- ser, als ihr Kontrolleur; gibt ihr seinen Willen als ihren Willen vor; nimmt die Gottesposition in der religiösen IntimsphĂ€re der anvertrauten Person ein.“ (Mertes 2018, 39) Dann mutiert die geistliche Begleiterin/der geistliche Begleiter von einer Person mit AutoritĂ€t zu einer Person, die ihre Macht schamlos und un- verschĂ€mt ausnutzt. (Vgl. Sander 2019) Doris Wagner beschreibt diesen Prozess eindringlich und identifiziert dabei drei Formen von geistlichem Missbrauch: spirituelle VernachlĂ€ssigung, spirituelle Manipulation und spirituelle Gewalt. (Vgl. Wagner 2019a) Ähnlich ist das „Fadenkreuz des Missbrauchs“ (Kluitmann 2018, 29) zu verstehen, das von Sr. Katharina Kluitmann entworfen wurde. Damit machen beide Autorinnen darauf auf- merksam, dass der MissbrauchstĂ€ter/die MissbrauchstĂ€terin langsam und in der Regel wohlĂŒberlegt vorgeht. Missbrauch wird (vielfach) kalt geplant. Am Beginn des Missbrauchs steht die Beziehung, in die sich Grenzverlet- zungen einschreiben. „Geistlicher Missbrauch ist die Verletzung des spiritu- ellen Selbstbestimmungsrechtes. Durch diese Verletzung werden Menschen in spirituelle Not gebracht.“ (Wagner 2019a, 79 [Hervorhebungen: im Ori- ginal]) Dabei zeichnet sich spirituelle VernachlĂ€ssigung dadurch aus, dass Menschen nicht die UnterstĂŒtzung zukommt, die sie jedoch benötigen, um handlungsfĂ€hig zu werden. Bei spiritueller VernachlĂ€ssigung wird nicht auf die BedĂŒrfnisse der zu begleitenden Person eingegangen, wird die Le- bensrealitĂ€t ausgeblendet und werden spirituelle Ressourcen angeboten und ihre EinĂŒbung verlangt, die fĂŒr die Person gerade nicht passend sind. (Vgl. Wagner 2019a, 82) Wer spirituell vernachlĂ€ssigt wurde, ist anfĂ€llig fĂŒr spirituelle Manipulation. Er oder sie hat keinen Zugang zu den verschiede- nen spirituellen Ressourcen und ist auch nicht dazu befĂ€higt worden, spi- rituelle Angebote zurĂŒckzuweisen, wenn sie ihm/ihr nicht hilfreich sind. (Vgl. Wagner 2019a, 101) „Spirituelle Manipulation liegt dann vor, wenn die spirituelle Freiheit der begleitenden Person nicht einfach unausgebildet bleibt – wie im Fall spiritueller VernachlĂ€ssigung – [...], sondern subtil mit Hilfe verschiede- ner Techniken untergraben wird. Wer jemand anderen spirituell mani- puliert, macht ihn glauben, er habe selbst und aus freien StĂŒcken auf Missbrauch wird vielfach kalt geplant.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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