Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Seite - 50 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 50 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2

Bild der Seite - 50 -

Bild der Seite - 50 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2

Text der Seite - 50 -

50 | www.limina-graz.eu Georg Gasser | „I0I00I0II ... Ich, digital?“ chen. Personales Selbstverständnis ist nicht das Resultat eines passiven Bewusstseins, das Informationen von außen empfängt und dann aufgrund intern vorliegender Strukturen darauf mit einem entsprechenden Output reagiert. Vielmehr zeigt sich Bewusstsein vornehmlich in unseren prakti- schen Vollzügen, wenn wir aktiv ordnend vorgehen, Erfahrungen zu Ein- heiten zusammenfassen, Gründe abwägen und Entscheidungen treffen.3 Auf die Debatte von Identität und Kontinuität bezogen, bedeutet dies: Wenn ich morgens aufstehe, prüfe ich nicht zuallererst aus Sicht einer ex- ternen Perspektive, ob die metaphysischen Bedingungen vorliegen, welche die Annahme meiner Identität in der Zeit rechtfertigen. Vielmehr identifi- ziere ich mich im Normalfall unmittelbar mit der Person, die gestern Abend zu Bett gegangen ist, da sich keine größeren bemerkbaren Veränderungen physischer und psychischer Natur ergeben haben. Ich erfahre mich als eine Einheit mit „meinem gestrigen Ich“, weil ich eine Perspektive der Selbst- identifikation einnehme und meine Erinnerungen in mein jetziges Selbst- verständnis integriere und nicht weil ich mich, ausgehend von einer exter- nen Perspektive, auf metaphysische Identitäts- oder Kontinuitätsbedin- gungen beziehe. Diese Überlegungen legen nahe, dass die eigentliche Lösung hinsichtlich der skizzierten Verdoppelungsszenarien weniger auf der metaphysischen Ebene innerhalbe der Debatte von strikter Identität und (hinreichend star- ker) Kontinuität verhandelt wird als vielmehr auf der praktisch-evaluati- ven Ebene, sich selbst als einheitliche Person in der Zeit begreifen zu kön- nen. Eine eindeutige aktive Identifikation ist beim Vorhandensein mehre- rer koexistierender und qualitativ identischer Individuen wohl kaum mehr möglich – unabhängig davon, ob metaphysisch befunden wird, dass zu allen vorliegenden Individuen eine Kontinuitätsrelation oder aber nur zu einem eine strikte Identitätsrelation besteht –, da eine klare Abgrenzung hin zu nicht-identischen, aber unter qualitativer Rücksicht übereinstim- menden Individuen nicht möglich sein dürfte. In Verdoppelungsszenarien werden Selbstidentifikations- und Selbstinte- grationsprozesse, die überhaupt erst ein Verständnis von uns selbst als Person im Sinne einer strukturierten Einheit mit einer spezifischen Per- spektive auf die Wirklichkeit ermöglichen, unterminiert. Wir sind nicht in der Lage, die Perspektive mehrerer koexistierender Individuen zugleich Wir führen ein Leben, das wir uns als solches aneignen und zu unserem Leben machen. 3 Diesen Punkt unterstreicht z. B. Korsgaard 1999.
zurück zum  Buch Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2"
Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
270
Kategorien
Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Limina