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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Seite - 73 -
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Seite - 73 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2

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73 | www.limina-graz.eu Herbert Hrachovec | Omnipräsenz / Telepräsenz Der folgende Beitrag besteht aus zwei Einleitungen, aus denen zwei unter- schiedliche Fortsetzungen entwickelt werden. Dass die beiden themati- schen Fäden einander überkreuzen, führt zur Frage, ob es sich dabei um ein Zufallstreffen oder eine sachlich nachvollziehbare Begegnung handelt. Das eine Thema ist die Allgegenwart Gottes, das andere die Allgegenwärtigkeit nachrichtentechnischer Apparate zur Kommunikation und Überwachung der Erdbevölkerung. Einleitung 1 Im frühen 5. Jahrhundert schreibt Augustinus, Bischof von Hippo, an einen hohen römischen Staatsbeamten, Dardanus, den praefectus praetorio Gal­ liarum mit Sitz in Trier. Dieser verdienstvolle Jurist und Christ hatte sich Gedanken über ein Wort des sterbenden Jesus gemacht. Nach Lk 23,43 ver- hieß er dem Schächer auf seiner rechten Seite: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Dardanus will es genau wissen. „Heute“ liegen die beiden jedenfalls unter der Erde. Und außerdem: Ist das Paradies ein Ort im Himmel? Oder kann man aus der Verheißung schließen, dass für einen Mann in Gott, wie für Gott selbst, Allgegenwart anzunehmen sei (Augusti- nus 1911, § 3)? Augustinus antwortet mit einem Traktat über die Anwesen- heit des „mediator dei et hominum homo Christus Jesus“ (1 Tim 2,5) in der irdischen und himmlichen Sphäre. Der menschgewordene Gottessohn hat ein einzigartiges, in sich gegliedertes, Verhältnis zu diesen Orten. Jesus Christus ist, nach dem chalzedonischen Glaubensbekenntnis, eine Art metaphysisches Komposit1 zwischen himmlischer Seinsweise und irdischer Existenz (hypostatische Union). Seine Person partizipiert in gleicher Weise an göttlichen und menschlichen Eigenschaften. Augustinus differenziert in kasuistischer Brillianz, welche Räumlichkeiten dabei zusammenkommen. Der Mensch Jesus kann nicht gemeint haben, dass er am besagten Tag im Himmel sei, er liegt im Grab.2 In seiner Gottesnatur ist dagegen begründet, dass er (die Person, unter diesem Aspekt betrachtet) von einem Ende zum anderen Ende reicht, und zwar überall hin, wegen seiner Reinheit (Augus- tinus 1911, § 7). Die gute Nachricht für Dardanus ist also: Wo immer das Paradies liegen mag, die Erlösten sind dort mit ihm, der überall ist.3 Es kostet Mühe, diesen Gedankengängen zu folgen. Doch sie haben das christliche Abendland jahrhundertelang geprägt. Bevor darauf näher ein- gegangen wird, sei noch eine bemerkenswerte Erläuterung Augustins notiert. Im Kapitel 11 seines Lehrbriefes analysiert er die Einzigartigkeit 1 Nach der Wikipedia „ein  Werk- stoff  aus zwei oder mehr verbunde- nen Materialien, der andere  Werk- stoffeigenschaften  besitzt als seine einzelnen Komponenten.“ (https:// de.wikipedia.org/wiki/Verbund- werkstoff [15.02.2020]) 2 Für Augustinus trennt sich beim menschlichen Tod die Seele vom Leib. Er diskutiert, in welchem Sinn nach apostolischer Überlieferung Jesu Seele „zur Hölle abstieg“, um schuldlose Verstorbene zu retten. 3 „quisquis beatorum ibi est, cum illo ibi est, qui ubique est“ (Augusti- nus 1911, § 7).
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
270
Kategorien
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