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Christian Wessely | Wie spricht ein Geist zum anderen Geist?
Was heißt „Digitalisierung“? Im alltäglichen Sprachgebrauch meint man
damit meist die beobachtbare Tatsache, dass sich der Durchschnittsmensch
zunehmend auf digitale Hilfsmittel verlässt, auf Artefakte mit gleicherma-
ßen Hard- und Softwaredimension, die ihm bzw. ihr in ihrer grundlegen-
den Funktionsweise in der Regel völlig unverständlich sind und dennoch
als lebensgestaltende Bestandteile der eigenen Existenz akzeptiert werden.
So werden sie zu wesentlich mehr als zu einem Hilfsmittel, nämlich zu
einem zentralen Gestaltungselement, prägend für die jeweilige Geisteshal-
tung. Damit bestätigt sich die Diagnose Ira Kaufmanns, der festhält:
„Digital is a mindset. [...] Most often digital is seen as a noun through
the lens of technology (hardware, software, AI, cloud). But by re-framing
digital as an adjective (digital leader, digital media, digital mindset) we
are forced to see how digital affects our operations and organizational
culture.“ (Kaufmann 2019)
Ausgehend von dieser Überlegung möchte ich mit den folgenden drei Prä-
missen zu einem Set von Folgerungen führen, das sowohl die Nähe zum
als auch die Entfernung vom humanistischen und theologischen Denken
indexiert.
Erste Prämisse:
Technik hin oder her, es geht um Wahrheit, Vertrauen und Freiheit.
Dass unsere digitale Umgebung nicht ausschließlich unter technologischen
Kriterien betrachtet werden kann, ist schon aufgrund der offensichtlichen
soziologischen und ökonomischen Faktoren, die mit ihr verbunden sind,
klar. Aber ihre Relevanz hinsichtlich anthropologischer Grundansprü-
che wie Wahrheit, Ethos und Vertrauen ist bisher eher wenig reflektiert.
Erstaunlicherweise ist es ein Verein, der hauptsächlich in der kreativen
Software-Handhabung einen bedeutenden Ruf genießt, der hier ins Spiel
kommt. Seit den 1980er-Jahren ist der Chaos Computer Club (CCC) ein wich-
tiger Faktor in der europäischen und ein beachtlicher in der weltweiten
Computerszene. Das seit 1986 als Verein eingetragene Kollektiv sieht sich
selbst als „größte europäische Hackervereinigung und seit über dreißig
Jahren Vermittler im Spannungsfeld technischer und sozialer Entwicklun-
Digital ist eine Geisteshaltung.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 270
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven