Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Seite - 115 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 115 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2

Bild der Seite - 115 -

Bild der Seite - 115 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2

Text der Seite - 115 -

115 | www.limina-graz.eu Christian Wessely | Wie spricht ein Geist zum anderen Geist? die Megatrends, die u. a. ermöglichen, Lagerhaltung zu optimieren, Vertriebswege zu planen oder Gewinnspannen zu kalkulieren. ̟ Die Nutzung der (verarbeiteten) Daten erfolgt intern (über die un- ternehmenseigene Infrastruktur und zu den unternehmensimma- nenten Zwecken) oder extern (durch Dritte, zu Zwecken, die sach- verwandt oder auch völlig sachfremd sein können). Diese Nutzung kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen (das Open Access-Kon- zept, das das derzeitige Publikationsparadigma der europäischen Wissenschaft darstellt, zielt auf unentgeltliche Nutzung ab); in den meisten Fällen zielt sie aber zumindest indirekt auf Gewinn ab und wirft damit etliche Fragen auf, die von den ethischen Aspekten der Handlungsoptionen des konkreten Unternehmens über recht- liche Grauzonen (z. B. hinsichtlich des in den meisten europäischen Ländern weder abtretbaren noch übertragbaren Urheberrechts9) bis hin zu ökonomischen Problemlagen führen. Da nun ein hohes Gut – der Schutz personenbezogener Daten, also ein Eigen tumsrecht – unter gesetzlichen Schutz mit hohen Strafandrohungen im Fall des Verstoßes gestellt wurde, sind plötzlich direkte Beziehungen zwischen dem, was das Individuum maßgeblich bestimmt, und der digita- len Sphäre10 hergestellt, die zuvor in dieser Form nicht gegeben waren. Es ist interessant zu sehen, dass das in Europa hoch entwickelte Bewusstsein für die Datenschutzproblematik (für das es in anderen Regionen der Welt nur wenig oder keine Entsprechung gibt) hier dazu führt, dass erstmals seit der breiten Einführung der Internetnutzung im Wege des World Wide Web Anfang der 1990er-Jahre auf breiter Basis philosophisch argumentiert wird bzw. werden muss, um Grundkategorien einzuführen, die der zugrun- deliegenden Technik an sich fremd sind: Vertrauen, Wahrheit, Schuld und Strafe/Sühne sowie Freiheit.11 Nun ist aber gleich die erste Grundkategorie, die des Vertrauens, eine sub- jektive. Es ist in letzter Konsequenz immer jemand, der vertraut, und je- mand, dem vertraut wird;12 das sogenannte „Vertrauen in ein System“ (z. B. Vertrauen in den Rechtsstaat oder Vertrauen in die Funktion des Marktes) ist immer ein sekundäres, d. h. ein indirektes Vertrauen in jene Personen, die das System entworfen haben (soweit diese noch zugänglich sind), oder in jene Personen, die die Vertrauenswürdigkeit des Systems bezeugen.13 Das Vertrauen ist eine existenzielle Grundbedingung geglückten Mensch-Seins (vgl. Luhmann 2014, 94): Es ist sozial unverzichtbar, auf den anderen bzw. die andere in einer Grundhaltung des Vertrauens zuzugehen. Man ver- 9 Für Österreich: §23 UrhRG, bes. (3). 10 Die DSGVO gilt der Sache nach für jede Form von Datensammlung, -verarbeitung und –verwendung. Primär betroffen ist aber klarerweise der Digitalsektor, da alle anderen Formen dieser Prozesse kaum noch eine praktische Rolle spielen. 11 Im angloamerikanischen Sprach- raum wird meist von TEST gespro- chen, ein Akronym für Trust, Empat- hy, Sustainability und Transparency; vgl. Kaufmann 2019. Es mag kaum überraschen und ist Intention des Autors, dass die für diesen Beitrag gewählten Schlüsselbegriffe Ver- trauen, Wahrheit, Schuld und Frei- heit zugleich die wesentlichen für die Theologie sind. 12 „Die Vertrauensperson genießt einen gewissen Kredit, in dessen Rahmen auch ungünstige Erfahrun- gen zurechtinterpretiert oder ab- sorbiert werden können.“ (Luhmann 2014, 37) 13 Nur am Rande sei an dieser Stelle erwähnt, dass das Vertrauen in die Authentizität der bezeugenden Per- son in der Folge des Fragmenten- streits rund um Lessing eine leitende theologische Schlüsselkategorie wurde, zunächst in der protestan- tischen, später auch in der katholi- schen systematischen Theologie. Die bis dahin jeweils verfolgte primär extrinsezistische Interpretation von Offenbarung wurde dadurch in unterschiedlichem Maße relativiert; ohne eine entsprechend gewichtete Zeugnisfunktion ist etwa Funda- mentaltheologie heute kaum denk- bar. Vgl. dazu Hansjürgen Verweyens Ausführungen zum traditio-Begriff in Verweyen 1991, 275–280.
zurück zum  Buch Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2"
Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
270
Kategorien
Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Limina