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Karl Stöger | Dürfen Maschinen menschliche Barmherzigkeit ersetzen?
stehen zwischen den pflegebedürftigen Personen relevante Unterschiede
(zum Beispiel die Stufe der Pflegebedürftigkeit). Wer mehr als dieses pfle-
gerisch gebotene Mindestniveau in Anspruch nehmen will, wird dafür aus
eigenen Mitteln zu bezahlen haben. Das ist für sich völlig unproblematisch:
Genau so wenig wie die österreichische Bundesverfassung Zusatzversiche-
rungen im Bereich der Krankenversorgung entgegensteht, verbietet sie es,
gegen zusätzliches Entgelt besondere Pflegeangebote in Anspruch zu neh-
men.
Insoweit könnte es in der Tat dazu kommen, dass umfassende menschliche
Pflege etwas ist, was nur entsprechend wohlhabenden Personen zur Ver-
fügung stehen wird. Das pflegewissenschaftlich gebotene Mindestniveau
an Pflege wird jedoch allen betroffenen Personen zur Verfügung zu stellen
sein, sofern entsprechende staatliche Geld- oder Sachleistungspflichten
bestehen.
E-Person und Pflegesysteme
In der Folge sollen in diesem Beitrag zwei abschließende allgemeine
KI-Themen angesprochen werden, die auch für die Pflege von Interesse
sein können. Gemeinsam ist diesen beiden Themen, dass sie ganz wesent-
liche Fragen des Verhältnisses zwischen Mensch und Maschine betreffen.
Die erste Frage, die in den letzten Jahren von Juristinnen und Juristen re-
gelmäßig diskutiert wurde, ist die, inwieweit man Systeme der künstlichen
Intelligenz mit eigener Rechtspersönlichkeit ausstatten soll. Dies würde
bedeuten, dass solche Systeme Träger von eigenen Rechten und Pflichten
sein könnten („E-Person“). Diese Überlegungen wären dann etwa auch für
autonom agierende Pflegerobotiksysteme von Interesse.
Rechtlicher Hintergrund solcher Ideen ist (jedenfalls derzeit) zumeist
nicht die aus Literatur und Film bekannte Idee, Robotern auf Grund ihrer
Menschenähnlichkeit deren Status einzuräumen (z. B. Asimov/Silverberg
1992; Verfilmung: Der 200 Jahre Mann [Originaltitel: The BicenTennial Man],
Chris Columbus, US/DE 1999) – derartige Überlegungen gibt es zwar, aber
sie sind im juristischen Diskurs ein Randthema. Wenn über die Einführung
der E-Person diskutiert wird, geht es weniger um „Schöpferfantasien“ des
In pragmatischer Weise geht es primär darum, die Verantwortung für Fehler
eines autonomen Systems verursachergerecht „zurechnen“ zu können.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 270
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven