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Gerhard Langer | Essen und Trinken als Ausdruck von Identität und Diversität im (rabbinischen) Judentum
Staat wĂĽrden Menschen wie Tiere kein Fleisch mehr essen und niemand
wĂĽrde einer lebenden Kreatur schaden.
Fleischgenuss in einem umfassenden MaĂź ist zweifellos ein Luxus der
westlichen Moderne. Noch unsere Eltern oder GroĂźeltern haben sehr sel-
ten Fleisch gegessen, eher nur an Sonn- oder Feiertagen. Hauptnahrungs-
mittel waren und sind weltweit nach wie vor Getreide, HĂĽlsenfrĂĽchte, Reis.
In vielen Ländern herrschte und herrscht daher ein Proteinmangel. Fisch,
Eier, Milchprodukte (Ziege, Schaf, Rind) sind hier wichtige EiweiĂźlieferan-
ten. Im klassischen Judentum wurden und werden bis heute Nahrung bzw.
ein Mahl mit Brot verbunden. Fleischgenuss, der ohnehin häufig nur auf
eine begüterte Oberschicht beschränkt blieb, war bereits in der Bibel stren-
gen Regeln unterworfen.
Der biblische Befund
Bis heute ist die Bibel die erste Grundlage der Speiseverbote. Vor allem in
den BĂĽchern Levitikus und Deuteronomium finden sich die entscheiden-
den Passagen. Lev 11 (vgl. Hieke 2014, 402–440) und Dtn 14 überliefern –
im Detail leicht unterschiedliche – Bestimmungen zu erlaubten und ver-
botenen Tieren. Sie werden in Kategorien eingeteilt:
Erlaubt sind
a) Wiederkäuer mit gespaltenen Hufen (vgl. Lev 11,3);
b) Fische mit Flossen und Schuppen (vgl. Lev 11,9);
c) gewisse Heuschrecken (die später in der rabbinischen Tradition
allgemein verboten wurden, da man sie nicht mehr identifizieren
konnte) (vgl. Lev 11,21–22);
d) domestiziertes GeflĂĽgel (wie etwa Huhn, Gans, Ente).
Verboten sind
a) Wiederkäuer ohne Huf (Kamel – Lev 11,4; Klippdachs – Lev 11,5;
Hase – Lev 11,6);
b) Nicht-Wiederkäuer mit gespaltenen Hufen (Schwein – Lev 11,7);
c) alle „Fische“ ohne Flossen oder Schuppen (Lev 11,10);
d) bestimmte Vögel (Raben, Eulen, Storche, Reiher, Wiedehopf, Fle-
dermäuse, Fischadler, Geier, Falken und Bussarde – Lev 11,3.13–14);
In einem idealen Staat wĂĽrden Menschen wie Tiere kein Fleisch mehr essen.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven