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Ulvi Karagedik | Ansätze für eine islamische Speiseethik gemäß den islamischen Primärquellen Koran und Hadith
Diese Überlieferung verdeutlicht nicht nur die Kostbarkeit von Wasser,
sondern mahnt auch zu einem schonenden Umgang mit diesem wichtigen
Gut – selbst in Belangen religiöser Praktiken wie Gebets- oder Ganzkör-
perwaschungen. Es versteht sich von selbst, dass ebenso wie das Wasch-
und Bewässerungsverhalten auch der Einsatz von Wasser zur Produktion
oder Zubereitung von Speisen mit Bedacht erfolgen sollte.
3.5 Körperliches Wohl und Gesundheit
Das grundlegendste Prinzip hinter der koranischen und islamischen
Speise ethik kann in der Erlaubnis von Reinem und im Verbot von Unrei-
nem verortet werden (vgl. Koran, 2: 172; 7: 157), wobei als unrein all jenes
definiert werden kann, was der Gesundheit, der menschlichen Würde oder
dem Seelenheil des Menschen Schaden zufügen kann oder Ekel hervorruft
(vgl. Ibn ʻĀšūr 1984). Der Mensch solle sich demnach nicht ins Verderben
stürzen (vgl. Koran, 2: 195) und sich kein Unheil zufügen. Selbst beim Fas-
ten darf nicht übertrieben werden, um das Recht des Körpers zu wahren
(vgl. Muslim: Ṣiyām, 1159; 236; 2588; Al-Buḫārī: Ṣawm, 1975; 82; 196; an-
Nasāʾī: Ṣiyām, 2391; 302; 2393).
Die islamische Speiseethik sieht vor, dass die Nahrungsaufnahme gesund
und in Maßen erfolgt. Demnach soll der Gläubige nicht überstürzt essen
und trinken (vgl. Abū Dāwūd: ʾašriba, 3727; 59; 3718), Völlerei vermeiden
bzw. seinen Magen nur zu jeweils einem Drittel mit Nahrung und einem
Drittel mit Flüssigkeit füllen (vgl. Ibn Māğa:ʾ aṭʿima, 3349; 99), er soll keine
Rauschmittel zu sich nehmen (vgl. Abū Dāwūd: ʾašriba, 3681; 13; 3673; Ibn
Māğa: ʾaṭʿima, 3393; 23) und wissen, was er isst (vgl. Al-Buḫārī: ʾaṭʿima,
5391; 19; 303). All dies sind Aspekte, die der gesunden Ernährung und dem
körperlichen Wohl zugerechnet werden können (vgl. Diehl 2000). So kann
eine ausgewogene und gesunde Ernährung ebenso zur islamischen Spei-
seethik gezählt werden wie die Vermeidung ungesunder Essgewohnheiten.
Völlerei, Fast Food, genveränderte Nahrungsmittel, überhöhter Zucker-
und Softdrink-Konsum, fettige und teiglastige Ernährung, ungesunde
künstliche Zusatzstoffe sowie Geschmacksverstärker können dagegen eine
große Anzahl von Krankheiten (bis hin zu Krebs) auslösen (vgl. Salvesen
2019; Müller 2019).
Unrein ist, was der Gesundheit, der menschlichen Würde
oder dem Seelenheil des Menschen Schaden zufügen kann.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven