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Ulvi Karagedik | Ansätze für eine islamische Speiseethik gemäß den islamischen Primärquellen Koran und Hadith
das Ausbluten ermöglichende Betäubungsschächtung in der islamischen
Jurisprudenz als zulässig erachtet (vgl. Zuhayli 1994, Bd. 4).
Zwischenfazit zu den Thematiken Tierwohl und Tierschutz
Während die Frage nach der religiösen Schächtung mit oder ohne Betäu-
bung umstritten ist, kann angesichts der Prämissen zum Tierwohl und
Tierschutz nicht davon ausgegangen werden, dass Fleisch aus Massentier-
haltung und Massenschlachtereien oder Eier, für deren Produktion Küken
geschreddert wurden, als zweifelsfrei ḥalāl bezeichnet werden können. Es
ist vielmehr sicherzustellen, dass zu verzehrendes Fleisch aus artgerechter
Tierhaltung stammt und tierfreundlich produziert wurde. Das hohe Maß
des Tiermehleinsatzes scheint speiseethisch ebenso fragwürdig wie jed-
wede andere nicht artgerechte Futtermethode. Denn vom Propheten wird
überliefert, es sei „verboten, Fleisch von einem Tier zu essen oder dessen
Milch zu trinken, das sich von Unrat ernährt“ (Abū Dāwūd: ʾaṭʿima, 3785;
50; At-Tirmiḏī: ʾaṭʿima, 1824; 39). Es sind sogar Meinungen dahingehend
existent, dass das Fleisch solcher Tiere keinem anderen Tier zum Fressen
vorgelegt werden solle (vgl. Ṣābūnī 2011, Bd. 1). Dementsprechend gilt es
theologisch festzustellen, dass eine Ernährung mit Fleisch, das mit Tier-
mehl oder anderen fragwürdigen Tierfuttern produziert wurde, problema-
tisch ist.
4 Fazit
Die Auseinandersetzung mit speiseethischen Inhalten in den islamischen
Primärquellen Koran und Hadith hat gezeigt, dass der Verzehr von Nah-
rung bewusst und im Rahmen grundlegender Prinzipien wie Wertschät-
zung, Gotteserkenntnis, Gesundheitswahrung, Verantwortung und So-
lidarität erfolgen soll. Dazu konnten vor allem die Kategorien Solidarität,
Abwehr von Schaden, Umwelt- und Ressourcenschonung, Gesundheit,
Hygiene, Schächtung sowie Tierwohl ausgemacht und aus den Quellen he-
raus begründet werden.
In Anbetracht der kategorial untersuchten Vorgaben und Empfehlungen
wird deutlich, dass die islamische Speiseethik durchaus nützliche und als
universal zu bezeichnende Prinzipien zur ethischen Ernährung enthält.
Als universal zu bezeichnende Prinzipien zur ethischen Ernährung
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven