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Isabelle Jonveaux | Transfers des Fastens
religiösen Publikum bekannt zu machen, stellt viele Fastenangebote vor.
Ein großer Teil dieser Angebote kommt von Gemeinschaften, die streng
genommen nicht zu monastischen Orden gehören, so z. B. das Kloster
Wernberg oder die Schwestern vom Karmel in Linz, die vier Kurhäuser in
Oberösterreich bewirtschaften. Man findet aber auch Fastenangebote von
Klöstern monastischer Orden, z. B. vom Zisterzienserstift Zwettl in Nieder-
österreich oder vom Zisterzienserinnenkloster Marienkron im Burgenland.
Einige Klöster, wie die Zisterzienserinnen von Marienkron, die ein Kurhaus
bewirtschaften, begannen mit diesen Angeboten als wirtschaftliche Aktivi-
tät für den Lebensunterhalt der Gemeinschaft.
Dabei gibt es zwei Konstellationen: Entweder gehören diese Angebote di-
rekt zur Tätigkeit des Klosters, wie im Fall von Marienkron, oder die Fas-
tenwochen werden von Außenstehenden angeboten, die darum anfragen,
diese im Kloster durchführen zu können. So gründete etwa ein französi-
scher Priester einen Verein, mit dem er zu in Klöstern stattfindenden Fas-
tenwochen animiert. Er erklärt, dass es ihm anfangs schwerfiel, von den
Klostergästehäusern akzeptiert zu werden, weil er für einen „ökologischen
Spinner“ gehalten wurde. Das Publikum, nicht unbedingt katholisch, gibt
in einer Umfrage, die ich unter TeilnehmerInnen dieser Fastenwochen
durchführte, zu zwanzig Prozent an, den Ort des Klosters als Träger einer
bestimmten Energie zu suchen. Das Kloster wäre demnach ein spiritueller
Ort an sich, durchdrungen von einer geistlichen Atmosphäre, die nicht un-
bedingt mit einer bestimmten Religion verbunden ist. Eine Schwester aus
Marienkron erklärt, dieses Kurhaus sei anders als die anderen, weil die Ge-
meinschaft den Ort mit ihrem religiösen Engagement imprägniere:
„Es gibt auch Gäste, die speziell wegen dem Fasten kommen, ich den-
ke vor allem in der Karwoche, zu Ostern, zum Teil auch ‚Fastenleute‘,
die immer für die Fastenzeit kommen, von Jänner bis Ostern, einfach für
die spezielle Atmosphäre. Ich kann mich erinnern, die Ruhe, es ist an-
genehm. Die Menschen haben verschiedene Ausdrücke. Es gibt Leute, die
sagen: ‚Wissen Sie, die meisten wissen nicht, warum es so ist, aber ich
weiß es, warum es so ist: die Schwestern hier in Marienkron beten jeden
Tag. Sie investieren ihre eigene Art von Leben für diesen Ort.‘ Wir treten
ein und bleiben hier, für unser Lebensziel. Das hat einfach eine Ausstrah-
lung, geht durch Mauern durch.“ (10.2011)
Das Kloster als spiritueller Ort – auch
für nicht-katholisches Publikum
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven