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Michael Aldrian | Ahara – Nahrung
Extremen: Befreit vom Extrem der strengen Askese und befreit vom Über-
fluss des fürstlichen Hofes seiner Herkunft, „machte er rasche spirituelle
Fortschritte, die in seinem Erwachen (bodhi) gipfelten“ (Keown 2003, 147).
Er nahm die Unterstützung durch Nahrung, die den Körper erhält, an und
vertiefte die Übungen für den Geist, die zur „Befreiung vom Leid“ führen.8
Diese Einsichten verkündete der Buddha nach seinem Erwachen als den
Buddhadharma (Lehre des Buddha), der bis heute überliefert ist.
Die Ernährungsgewohnheiten der Sangha (Gemeinschaft der Buddhisten)
Die buddhistische Sangha teilt sich in vier Gruppen: Mönche, Nonnen, Laien
und Laiinnen. Mönche und Nonnen legen mit ihrem Eintritt in die Sangha
ihre „weltliche“ Herkunft ab, samt Kastenzugehörigkeit, Name und Fami-
lienstand. Laien und Laiinnen verbleiben in ihrem Leben als „Haushalter“
und verpflichten sich, die Sangha mit Nahrung, Kleidung und Geld nach
ihren Möglichkeiten zu unterstützen.
Die Anhänger:innen der Buddhalehre kamen aus unterschiedlichen Gesell-
schaftsschichten, quer durch den Kastenreigen der indischen Sozialord-
nung. Infolgedessen hatten sie auch unterschiedliche Ernährungsgewohn-
heiten und Reinheitsgebote bei der Beschaffung, der Zubereitung und beim
Verzehr der Nahrung. Diese Unterschiede haben wohl anfangs für Missver-
ständnisse und Schwierigkeiten gesorgt, denn für Kastenangehörige war es
beispielsweise „unrein“, das Wasser mit Unberührbaren aus dem gleichen
Gefäß zu schöpfen oder Nahrung gleichwertig zu verteilen und nicht gemäß
der Kastenordnung.
Für die Almosengänge der Ordinierten9 in die Dörfer gab es die Regel, alles
anzunehmen, was in die Schale gegeben wurde, keine speziellen Wünsche
zu äußern oder etwas, das in gutem Glauben gegeben wurde, abzulehnen.
Bald zeigte sich auch, dass nicht alle Menschen geneigt waren, der neuen
„buddhistischen Sekte“ Almosen zu geben, einige auch verdorbenes Essen
in die Schalen gaben und manches, auch wenn es gut gemeint war, nicht
gut vertragen wurde und daher Unwohlsein und Magenbeschwerden in
der Sangha durchaus bekannt waren. Glücklicherweise nahm sich ein Arzt
namens Jivaka der ordinierten Sangha10 an und empfahl die Verteilung der
Nahrung nach den Bedürfnissen und dem Gesundheitszustand der Mön-
Anhänger:innen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten,
quer durch den Kastenreigen der indischen Sozialordnung
8 „By contrast, the typical wander-
ing ascetic eats only food cooked by
others, which renders him utterly
dependent upon the generosity of
others who are still part of the nor-
mative food effort.“ (Fiorucci 2019,
31)
9 Mönche, Nonnen und Praktizie-
rende mit entsprechenden Laienge-
lübden.
10 Manchmal wurden auf Anfrage
auch buddhistische Laien behandelt.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven