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Kurt Remele | Ein Fisch namens Jesus
„als geschichtliche Erscheinung ein ‚kontingenter‘, begrenzter Vorgang
ist, der andere Wege zu Gott nicht verschließen oder negieren und somit
auch die Ethik nicht exklusiv für sich annektieren kann.“ (Schillebeeckx
1990, 32)
Anders und konkreter ausgedrückt: Auch als Christ und Christin darf man
davon überzeugt sein, dass Pythagoras und Swaminarayan in Bezug auf das
Fangen von Fischen empathischer und tiergerechter gehandelt haben als
Jesus Christus.
Was John Henry Newman predigte
Worauf kann eine theologische Ethik also zurückgreifen, wenn sie dazu
beitragen will, Leben und Wohlergehen unserer Verwandten unter Wasser
zu respektieren? Eine Möglichkeit wäre, die Bemerkung des heiligen Au-
gustinus, wonach der gebratene Fisch im Johannesevangelium der leiden-
de Christus sei, mit den Augen des heiligen John Henry Newman zu lesen.
Damit sind wir bei jener Predigt, die der damalige anglikanische Geistliche
und spätere Kardinal und Heilige am Karfreitag des Jahres 1842 in der Uni-
versitätskirche St. Mary the Virgin in Oxford gehalten hat.
In dieser Predigt stellte Newman eine Verbindung zwischen dem Schmerz
und dem Leid unschuldiger Tiere und dem Schmerz und dem Leid des un-
schuldigen Gotteslammes Jesus Christus her:
„Denkt daran, was ihr fühlt, wenn Tiere gequält werden. Damit gewinnt
ihr einen Zugang zu jenen Gefühlen, die auch die Geschichte von Jesu
Kreuz und Leiden in Euch hervorrufen sollte.“
Newman fährt fort:
„Es ist etwas so furchtbar Schreckliches und Satanisches, jene Lebewesen
zu quälen, die uns niemals einen Schaden zugefügt haben und die sich
nicht verteidigen können, sodass niemand außer einigen hartgesottenen
Individuen den Gedanken daran überhaupt ertragen kann.“
Die Grausamkeit, die sich in Tiermisshandlungen manifestiere, ist laut
Newman
Jesus kann „die Ethik nicht exklusiv für sich annektieren“.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven