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Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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Die kulturpoetische Funktion des Archivs    31 Vergleich, den Baecker im Zentrum seines Kulturbegriffs ansiedelt, zuallererst ein Tropus, und zwar jener Tropus, der Äquivalenzbeziehungen herstellt. Der Ver- gleich stiftet eine Äquivalenz zwischen den verglichenen Dingen: A ist in gewis- ser Hinsicht wie (oder nicht wie) B. Äquivalenzbeziehungen aber sind konstitutiv fĂŒr die paradigmatische Achse jedes Textes, sie definieren genau jene textuelle Dimension, in der die Alternativen zum syntagmatisch notierten Wortlaut gespei- chert sind. Die Elemente eines Paradigmas sind dadurch definiert, dass sie einan- der Ă€quivalent sind – und umgekehrt: Was Ă€quivalent ist, kann ein Paradigma bilden. Die Differenz interessant/uninteressant, die die Bochumer Schule der System- theorie interessanterweise zunĂ€chst als Leitdifferenz fĂŒr das Literatursystem vor- geschlagen hatte, appliziert Baecker auf Kultur allgemein: „alles“, sagt er, „kann ‚interessant‘ oder ‚uninteressant‘ gemacht werden“, indem man es mit anderem vergleicht. FĂŒr unsere textuelle Formulierung dieser Theorie muss eine weitere Unterscheidung getroffen werden: Ein syntagmatisch ausgefĂŒhrter Vergleich mag Dinge interessant oder uninteressant machen, jeder Teil eines Textes bedeu- tet aber ĂŒberhaupt nur etwas als Teil eines – genauer gesagt: mindestens eines – Paradigmas, also in Bezug auf kulturell verfĂŒgbare VergleichsgrĂ¶ĂŸen. „Alles erscheint doppelt“ – als Ding und als ReprĂ€sentation. Sobald man jedoch einmal im interpretativen Modus der Kultur ist, sobald man also kontextualisiert, erscheint es nicht mehr bloß doppelt, sondern vielfach und geradezu „unaus- schöpfbar“, weil die Paradigmen einer Kultur vielfach und unausschöpfbar sind. Dem Vergleich im Herzen einer systemtheoretischen Kulturtheorie entspricht also im Herzen einer textualistischen Kulturtheorie das Paradigma. Die Paradig- men einer Kultur sind demnach die vorrĂ€tig gehaltenen Aufzeichnungen der „intellektuellen Praxis des Vergleichens“ und bilden zugleich die Folie, vor der jeder neue Text, jede neue Sequenz, jeder neue Vergleich Bedeutung gewinnt. Sie haben den Vorteil, dass sie in Objektform archiviert und daher jederzeit, d. h. zeitunabhĂ€ngig und synchron, ablesbar sind. Dass dieses Archiv dabei materiali- ter gedacht wird und nicht als latent verfĂŒgbarer Code (langue), markiert den Unterschied zwischen einem textualistischen Kulturbegriff und dem einer lingu- istisch-systemisch bestimmten Sprache. Dadurch bleibt die Interpretation auch „endlich“, wird also nicht beliebig, denn alles und jedes lĂ€sst sich zwar miteinander vergleichen, in einer „konkreten Kultur“ werden (und vor allem: wurden historisch) aber stets nur bestimmte Dinge miteinander verglichen und andere nicht – das eben definiert eine kon- krete Kultur und unterscheidet sie von anderen. Was in einer gegebenen Kultur miteinander vergleichbar ist, macht den Sinnhorizont fĂŒr alle ihre ReprĂ€sentati- onen aus. Dieser kulturelle Sinnhorizont ist also ĂŒberprĂŒfbarer Analyse zugĂ€ng- lich, jedoch nicht – und darauf kommt es an – als Sinnhorizont einer gegebenen
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Logiken der Sammlung Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Titel
Logiken der Sammlung
Untertitel
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Autoren
Petra-Maria Dallinger
Georg Hofer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-11-069647-9
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Archiv, Nachlassinventar
Kategorien
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