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Li Gerhalter
dokumentierten Personen sein. Dazu können die folgenden zwei â unterschied-
lich gelagerten â Bestandsaufnahmen als Beispiele dienen:
Das Interesse der frĂŒhen Alltags- und Sozialgeschichte lag, wie ausgefĂŒhrt,
besonders auf Personen aus bildungsfernen lÀndlichen ZusammenhÀngen. Tat-
sÀchlich konnte etwa die Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen
entsprechende Erinnerungen sammeln und in der seit 1983 herausgegebenen
Buchreihe Damit es nicht verloren geht ⊠wurden gleich in den ersten Jahren zahl-
reiche Texte veröffentlicht, deren AutorInnen ehemals DienstmĂ€gde, âHĂ€usler-
kinderâ, eine Sennerin, ein Holzknecht, eine Landhebamme oder eine BergbĂ€uerin
gewesen waren (vgl. HĂ€mmerle 1991, 275â276).14 Mittlerweile wurde angegeben,
der âĂŒberwiegende Teil der VerfasserInnenâ wĂŒrde âaus unteren und mittleren
sozialen Schichtenâ kommen (MĂŒller 2006, 141). Bei den BeitrĂ€gerInnen scheint
im Laufe der Zeit also eine gewisse Verschiebung hin in die soziale Mitte der
Gesellschaft stattgefunden zu haben. Der sozioökonomische Hintergrund, der bis
in das frĂŒhe 20. Jahrhundert entscheidend dafĂŒr war, ob Menschen ĂŒberhaupt
schriftliche Spuren hinterlassen konnten, ist fĂŒr die Praxis des auto/biografi-
schen Schreibens offenbar auch in der zunehmend technisierten Gegenwart noch
relevant.
Dabei enthĂ€lt diese Sachlage einen spannenden Aspekt: BĂŒcher wie Herbst-
milch. Lebenserinnerungen einer BĂ€uerin von Anna Wimschneider (geb. Trauns-
purger, 1919â1993; Wimschneider 1987) aus Bayern oder Hartes Brot. Aus dem
Leben einer BergbĂ€uerin von Barbara Passrugger (geb. Hofer, 1910â2001; Passrug-
ger 1989) wurden ausgesprochen gut verkauft und entsprechend breit rezipiert.
Im Zusammenhang mit der Reihe Damit es nicht verloren geht ⊠stellte GĂŒnter
MĂŒller fest:
Maria Gremel, Barbara Passrugger, Maria Horner oder Barbara WaĂ sind Autorinnen, die als
gĂ€nzlich unbekannte Schreiberinnen mit ihren persönlichen LebenserzĂ€hlungen ein ĂŒber-
raschend groĂes öffentliches Echo gefunden haben. Sie haben auf ihre Art österreichische
Geschichte (neu) geschrieben und das Image der Buchreihe als Ganzes nachhaltig geprÀgt.
(MĂŒller 2007, 437)15
Der Einfluss dieser ersten veröffentlichten Lebenserinnerungen auf spÀter ent-
standene Texte ist kaum zu ĂŒberschĂ€tzen. Damit wurden diese retrospektiv ver-
fassten Texte von BĂ€uerinnen, Dienstbotinnen oder Hebammen zu Vorbildern
14â Die in der Reihe Damit es nicht verloren geht ⊠edierten auto/biografischen Texte werden je-
weils durch wissenschaftliche Vor- oder Nachworte kontextualisiert.
15â Die Publikationen, auf die sich GĂŒnter MĂŒller hier weiters bezieht, sind Gremel (1983 und
1991), Horner (1985) und WaĂ (1989 und 1994).
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik