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Gestapo/Sonderauftrag Linz/Central Collecting Point München …
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Rechts nachfolgerInnen von Mathilde und Gottlieb Kraus ausgefolgt werden soll-
ten.18
Wie bereits ausgeführt, befand sich das von dem Münchener Fotografen
Heinrich Hoffmann 1943 erworbene Gemälde von Karoly Markó unter den 1948
von den US-Behörden aus dem CCP München nach Salzburg ins Residenzdepot
rückgeführten Kunstgegenständen unbekannter Eigentümer aus Vugesta-Erwer-
bungen (vgl. Archiv BDA, E). Als eines jener der Republik Österreich verfallenen
Kunstwerke wurde Markós Seestück 1963 von der Österreichischen Galerie in treu-
händige Verwahrung übernommen (vgl. Archiv Belvedere, D);19 1965 erfolgte die
definitive inventarische Übernahme (vgl. Archiv Belvedere, E). Auch in diesem
Fall unterblieb die Prüfung der Provenienz des Bildes. Ein Blick nicht nur in die
Aktenbestände des Denkmalamtes, sondern auch auf die Bildrückseite hätte eine
Zuordnung zur Sammlung Kraus ermöglicht.
Offen bleiben muss, warum das in den Akten als „Vugesta-Erwerbung“
geführte Seestück von Karoly Markó als angeblich erbloses Kunstwerk nicht an
die sogenannten Sammelstellen20 gelangte. In Folge des österreichischen Staats-
vertrages von 1955 wurde die individuelle Restitution der Nachkriegszeit in den
1960er-Jahren durch die kollektive Entschädigung über die Sammelstellen abge-
löst. Für jene drei aus der Sammlung Kraus stammenden Werke von Rudolf von
Alt, Emil Jakob Schindler und Ferdinand Georg Waldmüller, die 1942 über die
Vugesta an den Sonderauftrag Linz verkauft wurden, hatte die Sammelstelle A im
Juni 1961 einen Rückstellungsantrag gestellt. Bezug nehmend darauf stellte das
Bundesministerium für Finanzen fest,
dass die in Rede stehenden Kunstgegenstände für das seinerzeit geplante „Linzer Kunstmu-
seum“ (auch „Linzer Führermuseum“) bestimmt waren. Dieses Kunstgut stellt, gleichviel ob
es sich um persönliches Eigentum Adolf Hitlers oder um Reichseigentum gehandelt haben
mag, der Republik Österreich verfallenes Vermögen dar und steht daher in ha. Verwaltung.
Verwahrende Stelle ist das Bundesdenkmalamt (BDA), in dessen Salzburger Residenz-
Depot sich die Gegenstände befinden. […] Soweit aus den sehr dürftigen Unterlagen, die
18 Vgl. https://www.museum-joanneum.at/neue-galerie-graz/ueber-uns/restitution/restituier-
te-objekte/an-die-erben-nach-gottlieb-und-mathilde-kraus (25.11.2019).
19 Rechtsgrundlage für die sogenannten 1963er-Zuweisungen war ein Erlass des Unterrichtsmi-
nisteriums vom 29. Juni 1963, der „das Bundesdenkmalamt ermächtigt eine Anzahl von Kunstge-
genständen, welche seinerzeit für das von Hitler geplante Linzer Kunstmuseum bestimmt waren
und in nächster Zeit dem Bundesministerium für Unterricht für die zuständigen Sammlungen
des Bundes ressortmäßig übergeben werden, bereits jetzt diesen Sammlungen in treuhändige
Verwahrung zu übergeben […]“ (Archiv Belvedere, D).
20 Zur Tätigkeit der für erblos gebliebene Vermögenswerte zuständigen Sammelstellen siehe
Wladika (2018, 85–98).
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik