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174 Monika Mayer
vom Bundesdenkmalamt bereits an die Finanzlandesdirektion Salzburg übersendet
wurden, hervorgeht, sind dies Objekte, deren Vorbesitzer seinerzeit offenbar Juden waren,
bzw. die aus sogenannten VUGESTA-Erwerbungen stammen; aller Voraussicht nach dürfte
es sich daher um entzogenes, jedoch nicht beanspruchtes Gut handeln. Die Gegenstände
wurden daher im Sinne der Bestimmungen des Auffangorganisationsgesetzes, BGBl. Nr.
73/1957, den Sammelstellen bekanntgegeben. […] Hingegen wird darauf Bedacht zu nehmen
sein, dass im Falle einer Stattgebung der Rückstellungsanträge eine Ausfolgung der Objekte
nur nach Begleichung der aus der Rückführung und Lagerung des Kunstgutes entstande-
nen Spesen […] erfolgen kann. (Staatsarchiv, E)
Das Bild Donaulandschaft mit Ruinen und Stadt (auch Rattenberg am Inn) von
Schindler, eine Waldmüller-Landschaft, der Römische Triumphbogen Rudolf von
Alts wurden schließlich 1963 nach einem Rückstellungsvergleich als angeblich
„erbloses Vermögen“ an die Sammelstellen ausgefolgt und in der Folge zuguns-
ten von NS-Opfern verwertet. Bereits im September 1961 waren die drei Werke
explizit Gegenstand eines Schriftstückes der Treuhandverwaltung von Kulturgut
München gewesen. Unter dem Betreff „Rückerstattungssache Kraus, Gottlieb“
wird wie folgt ausgeführt:
[V]on den von Ihnen aufgeführten Bildern wurden die lfd. Nr. 54 Flußlandschaft mit Burg
von Schindler, Nr. 85 Triumphtor Aquarell von Rom, 14.12.1872 Sign. unl. (von Rudolf von
Alt) sowie Nr. 78 Gehöft am See (von Waldmüller) im Januar 1942 von der VUGESTA an den
Sonderauftrag Linz verkauft. Alle drei Werke sind 1948 vom amerikanischen Central Collec-
ting Point München nach Wien als unbekannter Besitz restituiert worden. (Bundesarchiv, B)
Erwähnung finden aber auch weitere Werke aus der Kunstsammlung Kraus, dar-
unter Markós Seestück: „Das Bild lfd. Nr. 86 Engelgruppe von C. Marco dürfte
identisch mit dem unter Mü.Nr. 27827 gleichfalls vom Central Collecting Point
1948 restituierten Bild sein, das der ehemalige Reichsbildberichterstatter Heinrich
Hoffmann erworben hatte“ (Bundesarchiv, B). Damit kann in Bezug auf die erfolg-
losen Restitutionsbemühungen der Familie Kraus dem Diktum Sophie Lillies
folgend durchaus von einer „zweiten Enteignung“ (Lillie 2008, 220) durch den
österreichischen Staat gesprochen werden. Lillie hatte in Bezug auf den soge-
nannten Mauerbach-Kunstbestand zu Recht auf „das eklatante Versäumnis [hin-
gewiesen], Objekte trotz Wissens um deren Herkunft nicht an die rechtmäßigen
EigentümerInnen zu restituieren“ (Lillie 2008, 217). Der „Mauerbach-Bestand“ ist
benannt nach dem Aufbewahrungsort in der ehemaligen Kartause Mauerbach in
Niederösterreich. Es handelt sich dabei um jene Kunstobjekte, die von den Alliier-
ten im Jahr 1955 mit der Auflage, die rechtmäßigen EigentümerInnen zu suchen
und Rückstellungen zu tätigen, an die Republik Österreich übertragen wurden. Der
Restbestand wurde 1996 bei der „Mauerbach-Benefizauktion“ durch Christie’s im
Wiener MAK-Museum für angewandte Kunst versteigert (vgl. Christie’s Wien 1996).
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik