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Mauthausen Survivors Documentation Project (2002/03) |
quellennah in den Computer einzugeben. Dies gilt auch dann, wenn eine Korrektur
vielleicht im Interesse zukünftiger Benutzer und Benutzerinnen gewesen wäre. Von
Ausnahmen abgesehen erfolgte daher keine «Bereinigung» der Datenbankeintragun-
gen, weil die Gefahr inhaltlicher Verfälschungen ohne vorherige genauere und inten-
sive Recherchearbeit zu groß gewesen wäre und weil dadurch die Faktizität der Subjek-
tivität der Aussagen selbst verfälscht worden wäre.
Als Beispiel sei auch das scheinbar einfach zu lösende Problem der Identifikation
der Inhaftierungsorte angeführt. Was sich bei einigen wenigen Eintragungen deutlich
als einfacher Hör- oder Tippfehler herausstellte (etwa «Muchen» statt München oder
«Lints» statt Linz), war bei einer Vielzahl anderer Namen nicht ohne weiteres zu lösen,
da die Namen als Inhaftierungsorte entweder nicht bekannt oder (aufgrund der von
den Questionnaires übernommenen Schreibweise) nicht zu entziffern waren oder aber
eine Zuordnung nicht eindeutig erfolgen konnte. So kann es sich etwa beim «Zwangs-
arbeiterlager Annabürg» in Deutschland um das Zwangsarbeiterlager für Juden in
St. Annaberg (Oberschlesien) oder aber um das Lager Annaburg in Sachsen, das unter
dem Kommando des KZ Buchenwald stand, handeln. Dazu hätten Zusatzinformatio-
nen eingeholt werden müssen, was uns damals nicht möglich war. In den uns damals
zur Verfügung stehenden und durch die mittlerweile entstandenen Enzyklopädien
überholten Haftstättenregistern fanden sich etwa zum Ort «Bernau» folgende Einträge :
ein Konzentrationslager Bernau bei Berlin, ein Zwangsarbeitslager Bernau in Öster-
reich oder ein (nie existierendes) Außenlager Bernau des KZ Mauthausen, die Strafge-
fangenen-Arbeitskolonnen Bernau/Aham, Bernau/Kolbermoor und Bernau/Ruhstorf
sowie die Gefängnisse Bernau am Chiemsee und Bernau bei Berlin.61 Dies macht das
häufige Ineinanderfließen der Erinnerungen an nationalsozialistische Zwangslager
deutlich, die nicht unbedingt mit großem Erkenntnisgewinn nach formalen Kriterien
auseinandergedröselt werden können.62 Daher konnte auch eine Angleichung bzw. Spe-
zifizierung von Ortsnamen in der vorliegenden Datenbank nicht vorgenommen wer-
den. Sie stellt jedoch eine der zukünftig dringend notwendigen Forschungsaufgaben
dar, die erst durch die nachfolgende neue Mauthausen-Forschung erreicht wurde bzw.
erreicht werden kann.
61 Als Quellen dienten : Martin Weinmann (Hg.) : Das nationalsozialistische Lagersystem (CCP Catalogue
of Camps and Prisons in Germany and German-Occupied Territories, 1939–1945), Frankfurt a. M. 31998
[1990] ; International Tracing Service/Internationaler Suchdienst (Hg.) : Vorläufiges Verzeichnis der KZ
und deren Außenkommandos sowie anderer Haftstätten unter dem Reichsführer SS in Deutschland und
deutsch besetzten Gebieten (1933–1945), Arolsen 1969.
62 Siehe dazu die Beiträge von Berger/Prenninger und Kranebitter in diesem Band.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band 1
- Titel
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Band
- 1
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Heinrich Berger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 426
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen