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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
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65Von Weggabelungen und Einbahnstraßen | Sind also Kindheits- und Jugenderzählung von den drei aus politischen Gründen Verfolgten vor allem darauf fokussiert, die Genese der Widerstandstätigkeit zu schil- dern und diese in eine Argumentation zur Rechtfertigung dieser Entscheidung ein- zubetten, sind in den Kindheits- und Jugenderzählungen der beiden aus rassistischen Gründen Verfolgten andere Leitmotive zu finden : Im Falle Michael Horvaths findet man das seine gesamte Lebensgeschichte durchzie- hende Argument  – nämlich eine Art erzählerische Beweisführung gegen das Zutreffen antiziganistischer Zuschreibungen auf seine Person  – auch in seiner Erzählung über Kindheit und Jugend. Neben dieser der Gesamterzählung zugrunde liegenden Narra- tion umfasst seine Vor-Verfolgungserzählung zwei weitere, zentrale Motive : erstens die sehr innige Beziehung zu seiner alleinerziehenden Mutter und zweitens wiederkeh- rende Sequenzen, die deutlich machen, dass Horvath bereits als Kind im Arbeitsleben stand. Die Erzählungen von seiner Erwerbstätigkeit als Kind und Jugendlicher sind Teil seiner Argumentation gegen den nationalsozialistischen Vorwurf der «Arbeits- scheu». Er schildert in seiner Erzählung ausdrücklich, wie stark sein Leben schon von frühester Kindheit an von Arbeit geprägt gewesen war. Vom neunten Lebensjahr an war Michael Horvath, sei es in der Landwirtschaft oder im Straßenbau, erwerbstätig gewesen. Die nationalsozialistische Etikettierung der Roma als arbeitsscheu stellte für ihn einen besonderen Affront dar, der in ihm ein Gefühl gesellschaftlicher Verkennung seiner Person nährte, indem ihm aufgrund seiner Volkszugehörigkeit stereotype Ver- haltensweisen von außen zugeschrieben wurden, die mit ihm und seinem Selbstbild nichts zu tun hatten. So ist auch seine Kindheitserzählung bereits kontinuierlich von Arbeitserfahrungen durchzogen. Auch in der Lebensgeschichte des als Juden verfolgten Fritz Kleinmann ist es ein zentrales Anliegen, der Zuschreibung von ethnischen Zugehörigkeiten und damit verbundenen Stereotypen entgegenzuwirken : Kleinmann stellt gleich am Anfang des Interviews klar, dass seine Familie eine «Wiener Familie» bzw. dass sie (noch stärker) «eingefleischte Wiener» gewesen seien. Bereits im darauffolgenden Satz schildert der Überlebende im Interview allerdings, dass lediglich seine Mutter aus Wien stammte, sein Vater aber erst im Alter von 15  Jahren von Oberschlesien nach Wien immigriert war. FK : «Wir sind eine Wiener Familie.» HA : «Ja.» FK : «Ja/ Die Mutter ist auch in Wien geboren und der Vater ist mit 15  Jahren nach Wien gekommen. Der ist in Oberschlesien geboren. // mhm // Der ist mit 15  Jahren noch Wien gekommen. Wir waren vier Kinder  – zwei Mädchen, die waren älter, und zwei Buben. Der Bruder war jünger, sieben Jahre jünger als ich. – Die Mutter ist auch eine Wienerin, war von Beruf Modistin.»29 29 AMM, MSDP, OH/ZP1/125, Interview Kleinmann. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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