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Mobile Culture Studies The Journal
>mcs_lab> - Mobile Culture Studies, Band 2/2020
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124 Mobile Culture Studies. The Journal 6 2o20 (Travel) Mirja Riggert | SelbstportrĂ€t mit Spiegelreflex der TĂ€tigkeit des Bloggens: Inmitten der Natur sitzt die Protagonistin auf einem Campingstuhl am Laptop und demonstriert damit ihren Beruf [Abb. 6]. Diese Elemente sind als metanarrativ innerhalb des Systems Blog zu sehen, da hier ĂŒber die eigene MedialitĂ€t reflektiert wird. Wer- ner Wolf nennt diese Form der Metaisierung SelbstreferentialitĂ€t (bzw. Selbstreferenz) und beschreibt sie als den „Bezug eines semiotischen Elements (oder Systems) auf sich selbst oder zu einem anderen (Ă€hnlichen oder identischen) innerhalb desselben Systems“ (2007: 39). Von einer höheren textlogischen Ebene reflektiert der Text (oder das Medium) ĂŒber seine eigene Textuali- tĂ€t (oder MedialitĂ€t) bzw. regt die Rezipierenden zu einer solchen Reflexion an (2007: 4). Die SelbstportrĂ€ts mit Kamera sind dabei als selbstreferentielle Bilder wahrzunehmen: Sie referieren auf die Bildlichkeit der Darstellung an sich. Anja Dinhopl und Ulrike Gretzel verwei- sen auf die Bedeutung der Kamera in der touristischen ReprĂ€sentation, seitdem sich das Foto- grafieren ĂŒber medientechnologische Entwicklungen als tĂ€gliche Praxis etabliert hat (2016: 133). Seither existiere die Kamera nicht mehr unsichtbar im Hintergrund, sondern werde als quasi- sozialer Akteur aktiv ins Fotografieren eingebunden. Vorstellungen von PerformativitĂ€t wĂŒrden damit offen in Szene gesetzt werden. Dinhopl und Gretzel beschreiben die derzeit im Touris- mus virulente Selfie-Kultur als „othering the self, stylized performing the self and producing as well as consuming the self“ (2016: 127), wodurch die Tourist/innen selbst zu touristischen SehenswĂŒrdigkeiten werden. Der von Urry entwickelte ‚Tourist Gaze‘ reflektiere inzwischen auf die Reisenden selbst zurĂŒck (Dinhopl/Gretzel 2016: 126). Anders als beim Selfie ist in diesen Beispielen keine fotografische Selbstaufnahme zu bezeich- nen, sondern eine SelbstportrĂ€tierung durch andere Personen oder den technischen Selbstauslö- ser. Eine wesentliche Differenz dieser Selbstbetrachtung liegt zwischen Text und Bild im Status der Autor/innenschaft. WĂ€hrend in der Schriftform in autobiografischen ErzĂ€hlungen wie den About Pages eine Einheit von Autorin, ErzĂ€hlerin und Protagonistin kreiert wird, ist diese drei- fache IdentitĂ€t im Bildlichen fragiler. Die SubjektivitĂ€t spaltet sich dabei nĂ€mlich in ein Subjekt vor der Kamera und eins hinter der Kamera, welches das Foto aufnimmt, wie Christof Decker fĂŒr den Dokumentarfilm darlegt (2008: 173). WĂ€hrend das Personalpronomen ‚Ich‘ gleichzeitig das Subjekt des Sprechaktes darstellen und auf sich selbst rekurrieren kann, sind diese beiden Dimensionen im Visuellen nicht kongruent. Daraus entsteht laut Decker eine neue Art des Bewusstseins ĂŒber das Selbst, die sich nicht mehr auf ein einheitliches Subjekt zurĂŒckfĂŒhren lasse, sondern in einzelne Perspektiven der Wahrnehmung zerfalle (2008: 174). Bei autobiografi- schen Selbstnarrationen wie den About Pages liegt dennoch eine Form der Selbstbetrachtung oder SelbstprĂ€sentation und keine Variante biografischen ErzĂ€hlens vor. Wie Decker ausfĂŒhrt, können auch Aufnahmen durch ein fremdes Subjekt (oder den Selbstauslöser), in denen das Auto-Subjekt zu sehen ist, als erweiterte Formen von Selbstbetrachtung verstanden werden (2008: 174). Auch in schriftlichen Autobiografien könnten Zeugnisse der Fremdbetrachtung auf das erzĂ€hlende Subjekt in den Wahrnehmungszusammenhang integriert werden, ohne dass an der autodiegetischen Fokalisierung zu zweifeln sei. Vielmehr lege diese Darstellungsweise einen Subjektbegriff nahe, der das autobiografische Subjekt als situations- und interaktionsbedingtes verstehe. Es werde ein stetiger Perspektivwechsel forciert, der also auch den Blick von außen auf das Subjekt erlaube — das wie beim Selfie stattfindende „distancing or othering the self“ (Din- hopl/Gretzel 2016: 132). Damit sei das Selbst im Bild weniger kohĂ€rent als das im Text: Es defi- niere ĂŒber die Kamera Situationen und kreiere multiperspektivische und komplexe Sichtweisen
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>mcs_lab> Mobile Culture Studies, Band 2/2020
The Journal
Titel
>mcs_lab>
Untertitel
Mobile Culture Studies
Band
2/2020
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Ort
Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
270
Kategorien
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