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Amtsbezirk Äadfersbulg. 453
verschieden, und im Ganzen schwächlich; doch zeichnet sich der Windische häufig vor
dem Teutschen durch schönere Körperbildung und bessere Gesundheit aus. In geistiger
Beziehung ist der Windische den Teutschen im Ganzen voraus, besonders klug und,
wie man sagt. pfiffig; in gemütlicher Beziehung gebührt aber dem Teutschen
wegen seiner Geradsinnigkeit und Zutraulichteit der Vorzug. Die Sprache ist zum
größten Teile teutsch, in derselben Mundart wie in Muregg; nur in 4 Ortschaften
des rechten Murufers (Radersdorf. Plipiz. Plipizberg und Windisch-Haselsdorf) und
in 5 des linken Murufers (Laafeld, Sicheldorf, Dedeniz, Zelting und Goriz nächst
der ungarischen Gränze) wird auch windisch (im Dialekte der kroatischen Murinsel)
gesprochen. Eigentliche Hausbildung findet man fast nur in der Stadt Rad«
kersburg. Schulbildung erhalten die Kinder in 4 Hauptschule, 3 Pfarr- und 3
Gemeindeschulen. Die 1533 fchulbesuchenden Kinder (1 unter 8 Bw.) haben nur
42 Lehrzimmer, so daß auf jedes Zimmer 428 (in Halbenrain 203 und in
Klöch 243) Kinder kommen.
Wohnung, Kleidung, Nahrung, Sitten und Gebräuche der Teutschen sind von
denen im Bez. Muregg nicht verschieden. Auch die Windifchen haben in beiden
Bezirken ibre eigentümliche gleiche Kleidung. Die windischen Männer tragen den
Hut mit etwas zugesviztem Gupf und minder breiter Krampe als die Teutschen, dazu
einen kürzeren und schwarzen Pelz, eine kurze, weißleinene Hose (dreFusKa), ein
kurzes Hemd, hohe Stiefel- und eine umgehängte Tasche (turda), da die Kleider
keine Taschen haben. Die windischen Weiber tragen sich etwas einfacher, und liebm
besonders grelle Farben; der Kleiderschnitt nähert sich immer mehr den städtischen
Moden. Die alten Häuser der Windischen find größtenteils von Holz und Lehm
gebaut und mit Etroh gedekt, die Ställe für Pferde besser als die für Rinder. Die
Kost der Windischen ist viel geringer als die der Teutschen; sie nähren sich meist
von Haidengrüze, weißen Rüben, Kraut und Kohl, und im Sommer großenteils
von Obst. Die Speisen find auch schlecht zubereitet. Eine Lieblingspeise ist eine
Art gebakener Nudel oder Fleken (po^atsoiiS) po^an«!«), welche nur nach schweren
Arbeiten aufgetischt wird. Der Wein ist bei beiden Stämmen sehr beliebt, und
das gesuchteste ßrheiterungmittel.
Als. endemische Krankheit kann man in diesem Bez. das Werel-
fieber bezeichnen, welches durch die stehenden Wässer (Lahnen, Versumpfungen) in
der Nähe des Murstromes und im Bereiche der Bäche, dann auch durch Hauspfüzen
u. dgl. genährt wird. Fremde, welche Hieher übersiedeln, bekommen gewöhnlich
das Werelfieber, akklimatisiren sich aber bald. Verkühlungen geben öfter als
Diätfehler Veranlassung zu Werelfiebern; daher ist sorgfälliges Warmhalten des
Körpers an kühlen Morgen und Abenden zu empfehlen. Die Stadt Radkersburg hat
durch Abttagung der Stadttore und zum Teile der Stadtmauern, so wie durch
Ausführung von Kanälen, am Salubrität viel gewonnen. Nebrigens ist diese Ge-
gend eine sehr gesunde. Scharlach. Masern. Blattern. Tifus zeigen sich fast alle
Jahre sporadisch. Die Ruhr war früher oft epidemisch, trat aber seit 4854 nicht
mehr auf. Die Haupturfache der Schwächlichkeit der Bevölkerung find anstrengende
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen