Seite - 558 - in Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
Bild der Seite - 558 -
Text der Seite - 558 -
558 Amtsbezirk Friedau.
d. Boden- und Bevölkerung-Verhältnisse.
Der Bezirk Friedau enthält 4 Qd.-Ml. mit 47.535 Vw. in 60 Kat.«
(33 Orts-) Gm. Auf jede Od.-Ml. entfallen 4384 Bw. und auf jeden Bw. 2z. Joch.
Der Fruchtboden hat in der ebenen Draugegend Schotter, Sand, Ton
und Mergel zur Unterlage und eine mehr-weniger dile Schichte Damerde. Die
Terziärformazionen der Berge und Hügel bestehen aus Tonschiefer, Sandstein,
Muschelkalk, mitunter auch Steinkohle. Die Fruchterde der Höhenzüge, welche
großenteils steil sind, besteht vorzüglich aus verwitterten Teilen der Unterlage, einem
gelben, feinsandigen Ton und vegetabilischen Resten. Sie wird oft durch Regen-
güsse zum Teil abgeschwemmt, und der Voden ist daher minder fruchtbar.
Das vorzüglichste Bodenerzeugniß ist der Wein, welcher schon vor der
Herrschaft der Römer hier gebaut worden zu sein scheint, bereits vor Jahrhunderten
als Luttenberger-Wein eine große Berühmtheit erlangt hatte, und zu den stärksten
und besten von Europa gezält wurde. Leider find die Erträgnisse der Weingärten
gering, da Mangel an den nötigen Nebengründen zur Düngererzeugung, das ofte
Abschwemmen vieler Fruchterde, teure Arbeit, und bei Großweingartbefizern das
leidige Weinzödelwesen, welches oben (Bez. Marburg S. 541) beschrieben wurde,
hierin schwer in's Gewicht fallen. Der Ertrag wird für 4 Joch durchschnittlich
nur auf 40—20 Eimer veranschlagt. Die Qual i tät ist dafür um so vorzüglicher.
Der Hauptrebensaz, der Mosler (^okannea pi-incsps, N?s<), wind. NosiaveüL,
welcher nicht leicht fault und gern zur Zibebe einfchrumpft, ist der Erzeugung
von Ausbruchwein sehr günstig, und doch sind die Luttenberger-Ausbruchweine,
welche dem Tokaier nicht nachstehen, so selten, daß sie nur sehr wenig in den
Handel, kommen. Wir kennen die Luttenberger-Weine fast nur in Gebinden als
ein ungemejn geistiges Getränk, welches vor der vollendeten Gährung auffallend
süß, dann durch einige Jahre mild und feinblumig ist, später aber seinen ganzen
Zukergehalt in Weingeist umsezt, welcher das feine Aroma oft so beherrscht, daß
man vorzüglich nur den Weingeist schmekt. Dieses überaus geistige Getränk, welches
nur als Desert in Gläschen genossen werden soll, ist unverdient in den üblen Ruf
gekommen: es sei ungesund, gehe in die Glieder und erzeuge Gicht. Allerdings
kann der unmäßige Genuß desselben für die Gesundheit nicht gleichgiltig sein;
allein Gichtleiden hat dieser Wein nie erzeugt, und man findet im ganzen Sanität«
Distrikte Luttenberg nur selten Kranke dieser Art. Der alte Luttenberger-Wein,
als zum Genusse für sich zu geistig, wird meistens nur als sogenanntes Schmalz
zur Mischung mit leichteren Weinen benüzt. Aber warum erzeugt 'man nicht,
wenigstens in günstigen Jahren, wo der Mosler viele, Weben gibt, Aus bruch-
weine nach Art des Tokaiers? Es dürfte ja nur so wie in Tokai verfahren
werden, wo die Zibeben ausgesondert, geknetet und im gewissen Verhältnisse mit
dem gewöhnlichen Weinmoste gemischt, der Gährung überlassen werden. Ich glaube
nicht zu inen, wenn ich die Ueberzeugung ausspreche, daß der Luttenberger-Ausbruch-
wein dem berühmten Tokaier bald würdig zur Seite stehen, und auf der Kanischa-
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen