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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847111658 – ISBN E-Lib: 9783737011655
machtenunsrechtlosundlegtenunsharteFronarbeit ( abo¯da¯h)auf.“(26,6).Mit
HilfederbeidenhebräischenWurzelngwrund bd, die sich auch schon inden
älteren Erzählungen finden, werden also verschiedene Phasen charakterisiert.
DeshalbgiltfürdiezweiÄgypten-MotivationenimDeuteronomium:„Wenndas
Wort æbæd steht, istdie leidvolle,wenndasWortge¯r steht, diedavorgelegene
glückliche Periode in Ägypten im Blick.“49 Die Ägypten- æbæd-Motivation
durftedeshalbnicht in10,1950verwendetwerden: „WennesumLiebezumge¯r,
das heißt umAufnahmedes ge¯r in einVerhältnis,wie nachDt 6,5 Israel es zu
seinemGotthat,geht,solltedainderMotivationandasägyptischeLeiderinnert
sein?“51 Anders im Bundesbuch (Ex 20,22–23,33). Es kennt keine Ägypten-
Sklaven-Motivation.DeshalbnehmeninEx22,20und23,9diebeidenSätzeüber
IsraelsFremdlingschaftdieseFunktionein,diesichamAnfangbzw.Schlussder
beiden humanitärenGesetzessammlungenEx 22,20–26 undEx 23,1–9 finden.
DeshalbkannesinEx23,9heißen:„Ihrwisstdoch,wieeseinemFremden(ge¯r)
zumute ist“. Dabei sind nicht Gemeinschaft und Glück, sondern Elend und
Bedrängnis gemeint. Unter diesemGesichtspunkt sieht Dtn 10,19 jedoch den
AufenthaltIsraelsals„Fremde“inÄgyptengeradenicht.Ersollvielmehralsein
erfreulichesErlebniszurLiebemotivieren.Mandarfsichalsovomgemeinsamen
Wortlaut derFormel „denn ihr (selbst) seidFremde (ge¯r%m) imLandÄgypten
gewesen“ inBundesbuchundDeuteronomiumnicht täuschen lassen–derBe-
griff„Fremde“istunterschiedlichfestgelegtundgehörtjeweilszueinemanderen
Aussagensystem.DasdeuteronomischeSystembeurteiltdenÄgyptenaufenthalt
Israels differenzierter und ist breiter ausgebaut als das des Bundesbuchs.52Li-
terargeschichtlich hat es wahrscheinlich dieÄgypten-Fremde-Motivation des
Bundesbuchs in Anlehnung an denDekalog durch dieÄgypten-Sklave-Moti-
vation ersetzt und dem heilsgeschichtlichen Periodendenken des Credo (Dtn
26,5–6) entsprechenddieÄgypten-Fremden-Motivation inDtn10,19und23,8
neupositiv festgelegt.53Zusammenfassend:
49 Lohfink,Bearbeitung,S. 54.
50 Analoges gilt für 23,8: EinÄgypterkanndeshalb so leicht indieGemeinde JHWHsaufge-
nommenwerden, weil Israel, als es sich in seinem Land aufhielt, von denÄgyptern als
„Fremder“ (ge¯r) zugelassen und in ihre Gemeinschaft aufgenommenworden war (Ebd.,
S. 53).
51 Ebd., S. 54.
52 Vgl.Veijola,Deuteronomium,S.257–258: „WährenddieAnspielungaufdasägyptischeSkla-
vendaseinaufdieaus ihmerfahreneRettungdurchJahwezieltunddamitandieDankbarkeit
appelliert, beruft sichdasArgument des eigenenFremdenschicksals inÄgypten auf die ge-
genseitigeSolidaritätderMenschen,dieÄhnlicheserfahrenhaben“.
53 SomitLohfink,Bearbeitung,S. 54–55;vgl.Awabdy,Immigrants,S. 153–156,undAlexander
Kraljic, Deuteronomium10,12–11,32: GottesHauptgebot, der Gehorsam Israels und sein
Land. EineNeuuntersuchung,ÖsterreichischeBiblische Studien 49, Frankfurt a.M. 2018,
S. 368–369.
GeorgBraulik52
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Titel
- Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
- Untertitel
- Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Autoren
- Irene Klissenbauer
- Franz Gassner
- Petra Steinmair-Pösel
- Herausgeber
- Peter G. Kirchschläger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1165-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 722
- Kategorie
- Recht und Politik