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Salieri und die Italienische Congregation
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Besonderes Augenmerk schenkte Salieri naheliegenderweise der künstle-
rischen Leitung der Kirchenmusik. Hier ist zu erwähnen, dass es seine Bezie-
hungen waren, denen die Italienische Congregation die Mitwirkung von
Musikern der Hofmusikkapelle und der bejubelten Stars der Italienischen
Oper am National-Hoftheater an ihren Festtagen zu verdanken hatte. So ist es
umso bedauerlicher, dass sich das Musikarchiv der Italienischen Kirche nicht
erhalten hat. Lediglich ein vor 1790 angelegtes »Inventario della Musica«
erlaubt einigen Aufschluss über das Repertoire: Darin ist die Festmesse von
1775 erwähnt und – worauf besonders hinzuweisen ist – das »Stabat Mater«
von Giovanni Pergolesi, das alljährlich am Hauptfest der Italienischen Con-
gregation, dem Fest der Sieben Schmerzen Mariens am Freitag vor dem
Palmsonntag, aufgeführt wurde.
Salieri selbst hatte in all den Jahren offensichtlich nur zwei geistliche
Arien – und zwar für das Fest des Hl. Märtyrers Julius am 26. Dezember
1776 – komponiert. Erst wieder 1790 betätigt sich Salieri – nunmehr bereits
unter dem neuen Kaiser Leopold II. – auf kirchenmusikalischem Gebiet und
schreibt eigens für das Hauptfest der Italienischen Congregation das Offerto-
rium »Mater Jesu in hora mortis«.
Salieri scheint es aus naheliegenden Gründen tunlichst vermieden zu ha-
ben, in Wien während der zehnjährigen Alleinregierung Kaiser Joseph II. als
Komponist großer kirchenmusikalischer Werke besonders hervorzutreten.
Geschrieben hat Salieri selbstverständlich Kirchenmusik, davor – und dann
auch danach.
Im Sommer 1822 begann Salieri alle seine Kompositionen der Reihe nach
durchzugehen: »Es macht mir Freude,« schrieb er damals, »mehr Gutes als
Schlechtes darin zu finden, [...].« Unter diesen Kompositionen befindet sich
auch ein Requiem in c-moll, das Salieri nach einem eigenhändigen, inhaltlich
ungewöhnlichen Vermerk auf dem Autograph für sich selbst komponiert
hatte: »Picciolo Requiem composta da me, e per me, Ant[onio] Salieri, picci-
olissima creatura. Vienna, agosto [milleottocento quattro] 1804«. Fast scheint
es, als hätte Salieri unter allen Umständen verhindern wollen, dass Mozarts
Requiem bei seinen eigenen Exequien zur Aufführung gelangt. Gerade in
Zusammenhang mit dieser Komposition muss die Frage gestattet sein, ob
Salieri die künstlerische Überlegenheit Mozarts wohl gefühlt und möglicher-
weise mit zunehmenden Alter sogar darunter gelitten hat? Wie ist es nämlich
zu erklären, dass er Jahre später die gesamte Aufführung seiner Totenmesse
bei seiner eigenen Totenfeier durch eine handschriftliche Verfügung unter-
bindet und auf die künstlerisch zweifellos eindrucksvollsten Abschnitte ein-
schränkt. Roberto Sensi hat vor einigen Jahren dieses bislang völlig unbe-
kannte, undatierte Dokument in der Musiksammlung der Österreichischen
Nationalbibliothek wiederentdeckt. Mit eigener Hand hat darin Salieri die
liturgisch-musikalische Reihenfolge seiner Totenfeier neu festgelegt:
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Titel
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Untertitel
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Autor
- Paolo Budroni
- Verlag
- V&R unipress
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2008
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 135
- Kategorie
- Kunst und Kultur