Seite - 56 - in Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen? - Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
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Paolo Budroni
56 Der Erzählende Loeschenkohl kennt nicht alle Details des Abends, er kann
seine Bedeutung für den Erzähler nicht einschätzen, wahrscheinlich ist ihm
auch die Zielgruppe für die weitere Verwendung des Bildes nicht bekannt.
Dies ist besonders auffallend beim ersten Bild (jenem aus dem Jahr 1785). Im
Vergleich zum Bild aus dem Jahr 1786 wirkt es düster, die Beleuchtung ist
im Vergleich dürftig (insgesamt nur 6 Luster, davon 2 auf der Bühne, 12
Plaken. Der Raum ist stärker gewölbt und wirkt deshalb niedriger. Im Raum
auf der Ebene des Tisches sind keine Eingänge oder Ausgänge sichtbar und
so wirkt im Jahr 1785 alles enger: Es nehmen auch viel mehr Leute am Mah-
le teil (56). Das Tischtuch ist 1786 heller und größer dargestellt, 1785 ist es
schmäler. Die Bepflanzung ist nicht so üppig wie im Jahr darauf, wo sie
beinahe wie ein Wald dargestellt wird. Die Bäume sind stilisiert dargestellt
(heute würde man sagen beinahe comichaft), die Natur steht eher im Hinter-
grund (als Topos steht sie zu jener Zeit eindeutig im Hintergrund: 1786 ist
das Gegenteil der Fall). Die Bäume tragen im Jahr 1785 weit weniger Früchte
und die Zitrusfrüchte (Orangen) sind wie auf einem künstlichen Schleier
aufgefädelt. Auch die Beschmückung ist dürftig, beinahe nüchtern, wie etwa
bei der Aufhängung der Luster (sie fehlt) oder entlang der Längsseiten. Auf
beiden Rändern des Bildes, hinter den Bühnen sind aufgrund des kargen
Bühnenschmucks und der spärlichen Bepflanzung zwei Türen zu erkennen.
Auf der rechten Bühne ist kein Brunnen vorhanden und auf der linken ist
kein Türchen sichtbar (wohl aber ein Gestell). Bemerkenswert ist, dass Loe-
schenkohl 1785 das Bild signiert (links), während er im Jahr 1786 keine
expliziten Zeichen seiner Autorenschaft zurücklässt. Der wesentliche Unter-
schied zwischen den beiden Bildern ist jedoch erst auf den zweiten Blick
sichtbar: Die Fluchtlinien sind anders und somit auch die Aufteilung des
Raumes, seine scheinbare Tiefe und Größe, somit auch seine Wirkung auf
den Betrachter (Perzeption des Betrachters). Der Fluchtpunkt ist auf dem
Bild von 1785 viel höher anzusetzen, die im Bild vorhandenen Schatten di-
vergieren in ihrer Richtung, die Fortsetzung der Fluchtlinien der zwei über-
dimensionalen Türen hinter den Bühnen sind im Jahr 1785 nach unten ge-
richtet und weisen auf einen weiteren Fluchtpunkt knapp oberhalb des Ti-
sches hin. Zudem wurden bei den Bühnen 6 Kübelpflanzen in einer Reihe
aufgestellt – sie bilden in der Darstellung ein Dreieck, das den Raum deutlich
eingrenzt und einengt. Diese Kübelreihen ergeben zwei weitere, nach unten
führende Fluchtlinien, deren Fluchtpunkt sich außerhalb des Bildes befindet,
und obendrein exzentrisch ist. Dadurch wirkt bei genauerer Betrachtung das
Bild aus dem Jahr 1785 »linkslastig«.14
14 Diese Linienführung ist bereits Otto Erich Deutsch im Jahr 1954 aufgefallen. »Der
unbeholfene Stich von Löschenkohl, mit den Lustern über den Bühnen in irrefüh-
render Perspektive….« Vgl.: Mozart und die Schönbrunner Orangerie, in: Öster-
reichische Musikzeitschrft, 9. Jg., Heft 2, S. 40.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Titel
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Untertitel
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Autor
- Paolo Budroni
- Verlag
- V&R unipress
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2008
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 135
- Kategorie
- Kunst und Kultur