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Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen? - Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
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Italienische Oper und deutsches Singspiel in der Ära Josephs II. 77 sche oder dessen Sonderfall, das Wiener Singspiel: Im Norden agierten mehr oder weniger gut singende Schauspieler, d. h. eine normale Schauspieltruppe konnte neben Sprechstücken auch Singspiele aufführen; in Wien hingegen legte man Wert auf echte Sänger.9 Die meisten Singspiele, wie sie beispielsweise von Johann Adam Hiller, Georg Benda, Ignaz Umlauff, Paul Wranitzky oder Karl Ditters von Ditters- dorf produziert wurden, sind heute in Vergessenheit geraten, Mozarts Werke sind es nicht; daher halten wir Mozarts Entführung aus dem Serail für ein typisches Singspiel. Das gilt aber vor allem im Nachhinein, denn die Entfüh- rung hat nicht unwesentlich zur Veränderung der Gattung beigetragen. Als Kronzeuge dafür fungiert Johann Wolfgang von Goethe, der in seiner Italie- nischen Reise im Abschnitt vom November 1787 berichtet, warum die Ver- tonung seines Singspiels Scherz, List und Rache durch den Komponisten Philipp Christoph Kayser nie zur Aufführung gelangte: »Unglücklicherweise litt es nach frühern Mäßigkeitsprinzipien an einer Stimmenmagerkeit; es stieg nicht weiter als bis zum Terzett [...] Alles unser Bemühen daher, uns im Einfachen und Beschränkten abzuschlie- ßen, ging verloren, als Mozart auftrat. Die »Entführung aus dem Serail« schlug alles nieder, und es ist auf dem Theater von unserm so sorgsam gearbeiteten Stück niemals die Rede gewesen.«10 Aus der Sicht des 19. Jahrhunderts, die auch in unseren Köpfen noch her- umspukt, fand in Wien um 1780 ein nationaler Kulturkampf – italienische versus einheimisch-deutsche Musiker – statt. Deutsche wie Italiener bildeten erst im 19. Jahrhundert Nationalstaaten, was keineswegs nur ein politischer Prozess war, sondern auch im kulturellen Bereich von Diskussionen und propagandistischen Anstrengungen begleitet war. Mozart wurde posthum zur nationalen Identifikationsfigur, indem man ihn als braven, biederen Deut- schen hinstellte, der an den welschen (italienischen) Intriganten gescheitert war. Sein vermeintlich ›deutsches‹ Werk hingegen hatte sich zu Anfang des 19. Jahrhunderts durchgesetzt. Um 1800 führte man Mozarts italienische Meis- terwerke fast grundsätzlich auf Deutsch auf, als »Figaros Hochzeit« und »Don Juan«, und betitelte sie nicht selten mit »Operette«. »Aufführung auf deutsch« hieß damals selbstverständlich, dass die Rezitative zu gesprochenen Dialogen wurden – befremdlich beispielsweise in der »Friedhofsszene« aus dem II. Akt des Don Giovanni. Così fan tutte ließ sich nicht vernünftig über- Joachim Reiber: Art. »Singspiel«. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Ausgabe, Sachteil Bd. 8 (1998), Sp. 1740–1489, hier Sp. 170–1741. 9 Vgl. Koch: Das deutsche Singspiel (siehe Anm. 8), S. 72. 10 Johann Wolfgang Goethe: Italienische Reise. Zitiert nach: Goethes Werke. Ham- burger Ausgabe in 14 Bänden. Textkritisch durchgesehen und mit Anmerkungen versehen von Erich Trunz. Hamburg: Christian Wegener, Bd. 11 (Autobiographi- sche Schriften; Bd. 3) (1950), S. 437. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
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Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen? Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
Titel
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Untertitel
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
Autor
Paolo Budroni
Verlag
V&R unipress
Ort
Göttingen
Datum
2008
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-89971-477-7
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
135
Kategorie
Kunst und Kultur
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