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2 Geschichte derMusik an derMetropolitankirche
falls würde hochfürstlichen Gnaden selbst
denChor zu besetzen genötigt sein.“10
EinwändedesDomkapitels,esmangle„anPersonen,
diedenChormitgemeinsamerTauglichkeitversehen“,
ließWolfDietrich jetzt nichtmehr gelten.
Die aus diesen Protokoll-Eintragungen hervorge-
henden AnsichtenWolf Dietrichs entsprechen ganz
demherrschendenGeist seiner Zeit und demder be-
ginnendenGegenreformation:Den demGottesdienst
beiwohnendenGläubigen sollenwährend der Zeremo-
nien nicht ihre eigenenGebrechen vorAugen geführt
werden, vielmehr soll ihnen in den liturgischen Ze-
remonien ein Abbild des „himmlischen Jerusalem“
gezeigt werden, in all seiner Pracht und schon auf
Erden erfahrbaren Herrlichkeit. Das Bild einer tri-
umphierenden Kirche, einer „ecclesia triumphans“,
sollte vermittelt werden, das denVorstellungen gläu-
bigerChristen inErwartung einer heilenWelt ohne
Gebrechen entsprach.
Mit 1.März 1597 sollte die „NeueOrdnung“ der
Dommusik „ihrenAnfang nehmen“, und damitwur-
de die bis dahin vom Domkapitel verwaltete und
entlohnte „Dommusik“ in die fürsterzbischöflicheVer-
waltungshoheit übernommen. Dem Erzbischof bot
sichdadurchdieMöglichkeit, fürAnstellungundAus-
bildung der „Domchorpersonen“ eigene und höhere
Qualitätsansprüchezustellen.AnderSpitzederChor-
musik standen in der Regel zwei Chorregenten, die
neben ihrer sängerischenQualifikation auch eine ge-
diegeneAusbildung undKompetenz in liturgischen
Fragen vorweisenmussten, sodass die römische Litur-
gie imErzbistumSalzburgnachdemKonzil zuTrient
Fuß fassen unddurch eine vorbildhafteMusikpflege
an derMetropolitankirche garantiertwerden konnte.
DieGehaltslisten der fürsterzbischöflichenHofkam-
merweisen imFebruar1612,kurznachWolfDietrichs
Absetzung undGefangennahme,monatliche Zahlun-
gen inHöhevon351Gulden für 20Domchorpersonen
aus.
NachAbschluss dieserReorganisation derDommu-
sik und derenEinbindung in denHofstaat verfügte
Erzbischof Wolf Dietrich über eine „wohlbestellte“
Hofmusikkapelle, die sich aus der eigentlichenHofmu-
sikmit InstrumentalistenundVokalsolisten,derChor-
musik amDommitmaximal zwanzigDomchorvika-
10AES, vom11.12.1596. ren, achtDomchoralisten und achtDomkapellknaben
sowie denHof- und Feldtrompetern zusammensetz-
te.Die Leitung undKoordination dieser Ensembles
oblag demHofkapellmeister und in späterer Zeit im
Bedarfsfall auch demVizehofkapellmeister.Die ein-
zelnenEnsembles hatten ihreAufgaben entweder bei
HofoderamDomzuerfüllenundwurdennachBedarf
zusammengeführt. Für dieMusik an derDomkirche
stand für das Stundengebet die „Chormusik“ (Dom-
chorvikare und -choralisten), für figuraleMusik diese
undDomkapellknaben sowie bei hochrangigenGot-
tesdiensten einVokal- und Instrumentalensemble von
Hofmusikern zurVerfügung. FürPontifikalämter (in
festis pallii) wurde die gesamte „Hofmusica“ samt
Trompetern undPaukern in erforderlichemAusmaß
aufgeboten.
Musik unterMarkus Sittikus
Wolf Dietrichs Nachfolger, sein CousinMarkus Sit-
tikus (1574–1619), studierte ebenfalls amCollegium
Germanicum inRom,wohnte jedochnicht imInternat
desKollegs, sondern extern, vermutlich imHause des
KardinalsMarco SitticoAltemps, dessen Stadtpalais
sich in unmittelbarer Nähe zumCollegiumGerma-
nicum befand. Dort lernte er wieWolf Dietrich die
Umsetzung der tridentinischenBeschlüsse zur Litur-
giereform, gleichzeitig aber auch dieNeuerungen in
der dramatischenMusik kennen, die ihn besonders
während seinesAufenthaltes inMantua prägten und
inspirierten.
Für dieNachwelt hat sichMarkus Sittikus als Erz-
bischof von Salzburg (1612 bis 1619) als Protektor
theatralischerKunst in Erinnerung erhalten, wobei
die Errichtung einesHoftheaters im Jahre 1614 zum
zentralenEreignis undmit derAufführung vonClau-
dioMonteverdis „L’Orfeo“ am 10. Februar 1614 zu
einemMeilenstein für dieMusikpflege am Salzbur-
gerHofwurde.ObwohlMarkus Sittikus als Förderer
geistlich-liturgischerMusik nicht so bedeutend wie
seinVorgängerwar,wurdenauch ihmdreiWidmungs-
druckemit geistlicherMusik dediziert:
1. SeinebeidenHofmusiker,derCornettistGiovanni
MartinoCesare(um1590–1667)undderOrganist
Alessandro Gualtieri (geb. in Verona, d 1655),
widmeten ihm eine Sammlung von 22Concerti
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur