Seite - 13 - in Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
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tionsbildung oder zur Abgrenzung gegenüber konkurrierenden Ordnungen
nehmenMythen verschiedenste Funktionen ein. Keineswegs sind sie nur »er-
baulicheErzählungen«, sondern solche, »denenesnichtumhistorischeWahr-
heit,sondernpolitischeBedeutsamkeitgeht.«11DieMachtderMythenzeigtsich
am stärksten imZusammenwirken von Erzählung, visueller Verdichtung und
ritueller Inszenierung.GeradeDenkmäler bündeln dieseDimensionen, indem
siedemMythoseinenfestenOrtundeinebildhafteGestaltgebensowiezuseiner
regelmäßigenErneuerunginGedenkfeiernAnlassgeben.PolitischeMythenund
Rituale stehen oft in einer engenVerbindungmiteinander12, indemdasRitual
denMythos vergegenwärtigt und für dessen Erhaltung sorgt. Andererseits le-
gitimiert der Mythos das Ritual.13 Rituale als soziale Ereignisse, die aus der
SpähredesAlltäglichenherausghoben sindundwiederholt inszeniertwerden,
überführen die sinnstiftende Funktion desMythos in die konkrete Alltagser-
fahrung vonMenschen. Die durch denMythos hergestellte Bindung an eine
bestimmteDeutung derVergangenheit einesKollektivs (Nation,Gruppe etc.),
wirddurchdiesteteundgleichbleibendeWiederholungderRitualebekräftigt.14
RitualebewirkendamiteinGefühldesDazugehörensundkönnenemotionalen
Halt geben,wasdendurchdasRitual vergegenwärtigtenMythosverstärkt.15
DieUnterscheidungzwischenGeschichtsmythenundpolitischenMythenist
fließend. Yves Bizeul definiert politische Mythen als Erzählungen von Ur-
sprüngenoderGründungsakten,diemitder»Heilsgeschichteeinerpolitischen
Gemeinschaft«16verknüpft sind.Er spricht ihnenaucheine sakraleDimension
zu, denn »nationale Mythen erzählen von der Aufopferungsbereitschaft der
Vorfahren für dasGemeinwesen.«17 Sie besitzen einen geschichtlichenHinter-
grund,übersteigerndiesenjedoch.ImUnterschiedzurErzählungderHistoriker
seien sie von einer »konstitutiven Maßlosigkeit«18 gekennzeichnet. Diese
Merkmale ließen sich auch für Geschichtsmythen reklamieren, entscheidend
11 HerfriedMünkler, »GeschichtsmythenundNationenbildung«, in:Bundeszentrale fürpoli-
tische Bildung (Hg.), Dossier Geschichte und Erinnerung, 28.3.2008. http://www.bpb.de/
geschichte/zeitgeschichte/geschichte-und-erinnerung/39792/geschichtsmythen?p=all, zu-
letzt geprüft am08. Juli 2016.
12 Vgl. dazu auchdieBeiträge indiesemBandvonChristophKühberger undTobiasKuster.
13 ZumVerhältnisvonMythosundRitualvgl.YvesBizeul, »TheorienderpolitischenMythen
undRituale«, in:ders. (Hg.),PolitischeMythenundRituale inDeutschland,Frankreichund
Polen, Berlin:Duncker&Humblot2000, 15–19.
14 Vgl.RüdigerVoigt, »Mythen,RitualeundSymbole inderPolitik«, in:ders. (Hg.),Symbole
derPolitik–PolitikderSymbole.Opladen:Leske+Budrich1989, 9–37, 12.
15 Ebd., 14.
16 YvesBizeul, »PolitischeMythen«, in:HeidiHein-Kircher undHansHenningHahn (Hg.),
PolitischeMythen im19. und 20. Jahrhundert inMittel- undOsteuropa,Marburg:Herder
Institut, 2006, 3–14, 5.
17 Ebd., 5.
18 Ebd.
Was ist einhistorischerMythos? 13
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY
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Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Titel
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Untertitel
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Autoren
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Herausgeber
- Christoph Kühberger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 294
- Kategorie
- Lehrbücher