Seite - 26 - in Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
Bild der Seite - 26 -
Text der Seite - 26 -
Schülerinnenund Schüler befinden sich in der Phase der Suche nachdemei-
genenIchundneigenvorallemwährendderPubertätdazu,sichIdolezusuchen,
andenensiesichausrichtenkönnen.SolcheLeitbildervermagihnenderMythos
zugeben.VonintrinsischerMotivationbeimThema»Mythen«dürfenLehrende
inderSekundarstufeIalsogleichsamnatürlichausgehen.IndiesemBandsollte
es erst einmal darum gehen, ausgewählte Mythen inhaltlich darzustellen. In
diesem Zusammenhang wäre es angebracht, bereits möglicheMerkmale von
Mythenzuerarbeiten,dieandieserStellenocheinmalzusammengefasst seien:
– empirisch/normativ/narrativproblematischeTriftigkeit
– formaleStimmigkeitundpragmatischeEingängigkeit (Ästhetik)
– appellativerCharakter (vorallempolitischerundmoralischerArt)
– oszillierendeThemen(auffallendhäufigjedochKrieg–alsMetapherfüreinen
AntagonismusvonPrinzipien)
– »heiliger«, d.h.nichthinterfragter, sonderngeglaubterKern
– selbst-bildendkreative, archetypischeMatrixvonGeschichten
– zeitlos-zyklisches, prä-geschichtlichesGrundmuster
Pragmatisch für den Geschichtsunterricht zu geschichtskulturell relevanten
historischenNarrationen inder Sekundarstufe II lohnt sich für eineDifferen-
zierungdesLernprozesses einegetrennteUntersuchung folgenderFragen:
1. Inwiefernwar/ist die erzählte Geschichte gesellschaftlich relevant?Welche
Funktionenerfülltesie?WessenundwelcheBedürfnissebedientesie?Welche
historischeSinnbildung (»Botschaft fürdieZukunft«)wirdangeboten?Für
wen? In diesemZusammenhang können auchAnsätze dermodernenMy-
thentheorien zudenFunktionenvonMythenhinsichtlich ihrerBrauchbar-
keit fürhistorischeFragestellungenaufdenPrüfstandgehobenwerden,etwa
obMythen(wiebeiShakespeare)derNaturdenSpiegelvorhalten,67dieAngst
vertreiben,68 soziale Praktikenund Institutionen legitimieren,69denWider-
streit zweier Begriffe darstellen,70 ein archetypisches Ursprungsgeschehen
beschreiben71oder ausdrücken sollen, dass in derWelt nichts durchZufall
geschieht.72
hindurchverfolgt,worindieMenschenvergeblichsichmühen,von ihmloszukommen,um
immerwieder neu von ihmeingeholt zuwerden.«; KurtHübner, »Die nicht endendeGe-
schichtedesMythischen« (1986/87), in:Mythentheorie, 251–261, 259.
67 JosephCampbell, »SchöpferischeMythologie« (1968), in:Mythentheorie, 164–174, 166.
68 HansBlumenberg, »Arbeit amMythos« (1979), in:Mythentheorie, 194–218, 194.
69 ChristopherG. Flood, »PolitischerMythos. Eine theoretischeEinführung« (1996), in:My-
thentheorie, 303–315, 308.
70 Kenneth Duva Burke, »Mythos, Dichtung und Philosophie« (1960), in:Mythentheorie,
139–159, 151und153.
71 Wolfhart Pannenberg, »Die weltgründende Funktion desMythos und der christliche Of-
fenbarungsglaube« (1988), in:Mythentheorie, 265–276, 275.
RolandBernhardetal.26
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY
zurück zum
Buch Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag"
Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Titel
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Untertitel
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Autoren
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Herausgeber
- Christoph Kühberger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 294
- Kategorie
- Lehrbücher