Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geisteswissenschaften
Zur Genealogie der Moral
Seite - 22 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 22 - in Zur Genealogie der Moral

Bild der Seite - 22 -

Bild der Seite - 22 - in Zur Genealogie der Moral

Text der Seite - 22 -

9 – »Aber was reden Sie noch von vornehmeren Idealen! Fügen wir uns in die Thatsachen: das Volk hat gesiegt – oder »die Sklaven«, oder »der Pöbel«, oder »die Heerde«, oder wie Sie es zu nennen belieben – wenn dies durch die Juden geschehen ist, wohlan! so hatte nie ein Volk eine welthistorischere Mission. »Die Herren« sind abgethan; die Moral des gemeinen Mannes hat gesiegt. Man mag diesen Sieg zugleich als eine Blutvergiftung nehmen (er hat die Rassen durch einander gemengt) – ich widerspreche nicht; unzweifelhaft ist aber diese Intoxikation gelungen. Die »Erlösung« des Menschengeschlechtes (nämlich von »den Herren«) ist auf dem besten Wege; Alles verjüdelt oder verchristlicht oder verpöbelt sich zusehends (was liegt an Worten!). Der Gang dieser Vergiftung, durch den ganzen Leib der Menschheit hindurch, scheint unaufhaltsam, ihr tempo und Schritt darf sogar von nun an immer langsamer, feiner, unhörbarer, besonnener sein – man hat ja Zeit… Kommt der Kirche in dieser Absicht heute noch eine nothwendige Aufgabe, überhaupt noch ein Recht auf Dasein zu? Oder könnte man ihrer entrathen? Quaeritur. Es scheint, dass sie jenen Gang eher hemmt und zurückhält, statt ihn zu beschleunigen? Nun, eben das könnte ihre Nützlichkeit sein… Sicherlich ist sie nachgerade etwas Gröbliches und Bäurisches, das einer zarteren Intelligenz, einem eigentlich modernen Geschmacke widersteht. Sollte sie sich zum Mindesten nicht etwas raffinieren?… Sie entfremdet heute mehr, als dass sie verführte… Wer von uns würde wohl Freigeist sein, wenn es nicht die Kirche gäbe? Die Kirche widersteht uns, nicht ihr Gift… Von der Kirche abgesehn lieben auch wir das Gift… « – Dies der Epilog eines »Freigeistes« zu meiner Rede, eines ehrlichen Thiers, wie er reichlich verrathen hat, überdies eines Demokraten; er hatte mir bis dahin zugehört und hielt es nicht aus, mich schweigen zu hören. Für mich nämlich giebt es an dieser Stelle viel zu schweigen. –
zurĂĽck zum  Buch Zur Genealogie der Moral"
Zur Genealogie der Moral
Titel
Zur Genealogie der Moral
Autor
Friedrich Wilhelm Nietzsche
Datum
1887
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.0 cm
Seiten
148
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorrede 2
  2. Erste Abhandlung: »Gut und Böse«, »Gut und Schlecht« 10
  3. Zweite Abhandlung: »Schuld«, »schlechtes Gewissen« und Verwandtes 40
  4. Dritte Abhandlung: was bedeuten asketische Ideale? 84
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zur Genealogie der Moral