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der blonden Bestie auf dem Grunde aller vornehmen Rassen die Furcht nicht
los wird und auf der Hut ist: aber wer möchte nicht hundertmal lieber sich
fürchten, wenn er zugleich bewundern darf, als sich nicht fürchten, aber dabei
den ekelhaften Anblick des Missrathenen, Verkleinerten, Verkümmerten,
Vergifteten nicht mehr los werden können? Und ist dass
nicht unser Verhängniss? Was macht heute unsern Widerwillen gegen »den
Menschen«? – denn wir leiden am Menschen, es ist kein Zweifel. – Nicht die
Furcht; eher, dass wir Nichts mehr am Menschen zu fürchten haben; dass das
Gewürm »Mensch« im Vordergrunde ist und wimmelt; dass der »zahme
Mensch«, der Heillos-Mittelmässige und Unerquickliche bereits sich als Ziel
und Spitze, als Sinn der Geschichte, als »höheren Menschen« zu fühlen
gelernt hat; – ja dass er ein gewisses Recht darauf hat, sich so zu fühlen,
insofern er sich im Abstande von der Überfülle des Missrathenen,
Kränklichen, Müden, Verlebten fühlt, nach dem heute Europa zu stinken
beginnt, somit als etwas wenigstens relativ Gerathenes, wenigstens noch
Lebensfähiges, wenigstens zum Leben Ja-sagendes…
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Zur Genealogie der Moral
- Titel
- Zur Genealogie der Moral
- Autor
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 148
- Kategorie
- Geisteswissenschaften