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Furchteinflössen vor Denen, welche die Strafe bestimmen und exekutiren.
Strafe als eine Art Ausgleich für die Vortheile, welche der Verbrecher bis
dahin genossen hat (zum Beispiel wenn er als Bergwerkssklave nutzbar
gemacht wird). Strafe als Ausscheidung eines entartenden Elementes (unter
Umständen eines ganzen Zweigs, wie nach chinesischem Rechte: somit als
Mittel zur Reinerhaltung der Rasse oder zur Festhaltung eines socialen
Typus). Strafe als Fest, nämlich als Vergewaltigung und Verhöhnung eines
endlich niedergeworfnen Feindes. Strafe als ein Gedächtnissmachen, sei es
für Den, der die Strafe erleidet – die sogenannte »Besserung«, sei es für die
Zeugen der Exekution. Strafe als Zahlung eines Honorars, ausbedungen
Seitens der Macht, welche den Übelthäter vor den Ausschweifungen der
Rache schützt. Strafe als Compromiss mit dem Naturzustand der Rache,
sofern letzterer durch mächtige Geschlechter noch aufrecht erhalten und als
Privilegium in Anspruch genommen wird. Strafe als Kriegserklärung und
Kriegsmaassregel gegen einen Feind des Friedens, des Gesetzes, der
Ordnung, der Obrigkeit, den man als gefährlich für das Gemeinwesen, als
vertragsbrüchig in Hinsicht auf dessen Voraussetzungen, als einen Empörer,
Verräther und Friedensbrecher bekämpft, mit Mitteln, wie sie eben der Krieg
an die Hand giebt. –
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Zur Genealogie der Moral
- Titel
- Zur Genealogie der Moral
- Autor
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 148
- Kategorie
- Geisteswissenschaften