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insofern nämlich die längste Zeit Philosophie auf Erden gar nicht
möglich gewesen wäre ohne eine asketische Hülle und Einkleidung, ohne ein
asketisches Selbst-Missverständniss. Anschaulich und augenscheinlich
ausgedrückt: der asketische Priester hat bis auf die neueste Zeit die widrige
und düstere Raupenform abgegeben, unter der allein die Philosophie leben
durfte und herumschlich… Hat sich das wirklich verändert? Ist das bunte und
gefährliche Flügelthier, jener »Geist«, den diese Raupe in sich barg, wirklich,
Dank einer sonnigeren, wärmeren, aufgehellteren Welt, zuletzt doch noch
entkuttet und in’s Licht hinausgelassen worden? Ist heute schon genug Stolz,
Wagniss, Tapferkeit, Selbstgewissheit, Wille des Geistes, Wille zur
Verantwortlichkeit, Freiheit des Willens vorhanden, dass wirklich nunmehr
auf Erden »der Philosoph« – möglich ist?…
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Zur Genealogie der Moral
- Titel
- Zur Genealogie der Moral
- Autor
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 148
- Kategorie
- Geisteswissenschaften