Seite - 5 - in Österreichische Bürgerkunde
Bild der Seite - 5 -
Text der Seite - 5 -
Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung eingeschoben, in Verbindung
mit der Rechtsprechung auch das Wesen des Zivil- und Strafrechtes in allgemeinen
Zügen gekennzeichnet. Über die dritte Staatsfunktion, die Verwaltung, ist so viel
zu sagen, daß ich den einzelnen Verwaltungszweigen einen eigenen Hauptteil
widmen muß. Bei der Besprechung der Wehrgesetzgebung, der österreichisch-
ungarischen Bank und der Sozialversicherung wird auf die Pläne Rücksicht
genommen, welche die österreichische Gesetzgebungdemnächstbeschäftigenw^erden.
Das Verständnis des Staates setzt die Kenntnis seiner realen Grundlagen
voraus. Am schärfsten, wenn auch nicht erschöpfend, werden sie durch statistische
Zahlen ausgedrückt. Ich fasse daher die wichtigsten Ergebnisse der österreichischen
Statistik in den Tabellen des Anhangeszusammenundergänze sie in einigenPunkten
durch internationale Vergleichungen. Diese Tabellen sollen eine Vorstellung von
den Größenverhältnissen des Staats- und Gesellschaftslebens geben und zugleich
zeigen, welchen Wert die statistische Methode für die Bereicherung unseres Wissens
und unserer Einsicht hat. Man schlage sie auf, so oft im Laufe der Darstellung
auf sie verwiesen wird, und lerne an ihnen statistische Ausweise lesen und ver-
werten.
Um den oben angedeuteten Plan in dem engen Rahmen dieses Buches durch-
zufüliren, mußte ich mich streng auf dasjenige beschränken, was zum Verständnisse
des Staates notwendig ist. Anderes gehört überhaupt nicht in die „Bürgerkunde".
Man darf von ihr nicht etwa einen Auszug aus dem Zivil- oder Strafrechte oder eine
Einführung in die Volkswirtschaftslehre erwarten. Unzulängliche Mitteilungen
hätten keinen Bildungswert und dienten nur dem Scheinwissen. Die Rechtswissen-
schaft bleibe den Fachmännern überlassen. Zur Praxis des Rechtslebens anzuleiten
ist Sache der juristischen Fachbildung oder doch der Vorbereitung zu den Berufen,
die solche Unterweisung erheischen. Die Volkswirtschaftslehre freilich sollte keinem
Gebildeten gänzlich unbekannt bleiben. Die Lehrbücher, die ihn am besten in sie
einführen, und die Nachschlagewerke, die über jede einzelne Frage verläßliche
Auskunft erteüen, finden sich auf Seite 39 angemerkt.
Ich hoffe alles so dargestellt zu haben, daß jeder Gebildete dem Vortrage
folgenkann. Die staatlichenEinrichtungenund ihr Rechtwerden so weit alsmöglich
erklärt aus den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, aus den
Absichten, die sie verfolgen, und aus den Theorien, die für ihre Entstehung oder
Auffassung von Wichtigkeit sind. Daraus wird auch die Wechselwirkung zwischen
den geseUschaftlichen Triebkräften der Rechtsbildung, dem geltenden Rechte und
den theoretischen Lehrmeinungen erhellen. Unparteilichkeit der Darstellung
betrachte ich als eine selbstverständliche Pflicht ; bei der Besprechung wichtiger
Streitpunkte werden die gegensätzlichen Parteianschauungen streng objektiv
einander gegenübei-gestellt. Möge man daraus entnehmen, daß auch die Bestre-
bungen der politischen Gegner nicht unbegründet sind und daß die Streitfragen
zurück zum
Buch Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Titel
- Österreichische Bürgerkunde
- Autor
- Heinrich Rauchberg
- Verlag
- Verlag von F. Tempsky
- Ort
- Wien
- Datum
- 1911
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.4 x 24.0 cm
- Seiten
- 278
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918