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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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///. Die Staatstheorien. 27 werden können^). Es ist das Verdienst dieser Richtung, den Staat in die Zusammen- hänge der gesellschaftlichen und geschichtlichen Entwicklung hineingestellt zu haben, welche das Naturrecht vernachlässigt hatte. Allein biologische Analogien— und solche stecken ja hinter der Bezeichnung des Staates alsOrganismus—genügen nicht, um das Wesen des Staates zu erklären. Die moderne Theorie erklärt und rechtfertigtden Staat durch seineZwecke. Wir haben den Staat im ersten Abschnitte als den obersten aller menschlichen Verbände kennen gelernt. Jede Verbandsorganisation setzt aber Gewalt über die Mitgheder des Verbandes und eine Rechtsordnung voraus, die den Willen der Einzelnen im Interesse der Gesamtheit motiviert und beschränkt. Worin ist dieses Gesamtinteresse gelegen und wie weit reicht es? Das sind die Fragen, welche die Theorien über die Staatszwecke zu beantworten suchen. Zwei Richtungen lassen sich hier unterscheiden: absolute und relative Zwecktheorien. Die einen stellen gewisse absolute Zwecke auf, die jeder Staat zu erfüllen habe, wie auch immer er im übrigen beschaffen sei. Die anderen machen die Staatszwecke abhängig von dem jeweihgen Bewußtseinsinhalte, den Bedürfnissen und der Leistungsfähigkeit des Staatsvollies, tragen also demEntwicklungsgedanken^) Rechnung. Als absolute Staatszwecke sind zunächst die Verwhklichung des Sittengesetze s^) oder religiöser Gebote*) aufgestellt worden. Hin- gegen betrachtete der Polizeistaat des aufgeklärten Absolutismus dieW o h 1 f ah rt der Einzelnen wie der Gesamtheit als seinoberstes ZieP); dahernahm er für sich das Recht in Anspruch, alles vorzukelu-en, was ihm zur Erreichung dieses Zieles er- forderlich dünkte. Die dadurch bedingten Eingriffe und Freiheitsbeschränkungen veranlaßten die späteren Naturrechtslehrer die Staatszwecke einzuschränken, um die Freiheit des Einzelnen dem Staate gegenüber zu begründen und zu befestigen. Der Staat solle sich darauf beschränken, Sicherheit, Freiheit^) oder Recht') zu gewährleisten, alles andere der freien Betätigung seiner Bürger über- lassen. Die Grundlinien der liberalen Doktrin sind damit gezogen. Die relativen Staatszwecke sind bedingt durch den jeweiligen Stand der gesellschaftlichen, kulturellen und staatlichen Entwicklung. Davon hängt es ab, welcheKollektivbedürfnisse der Staat aus demTätigkeitsbereiche der Einzelnen und der freien gesellschaftlichenBildungen herausheben will, um sie als seine eigenen Aufgaben anzuerkennen und zu befriedigen. Darin, daß es Aufgabe 1) Vergl. oben S. 17. — ^) Vergl. oben S. 17. — ») Das ist die antike Auffassung. Als die höchste Form der objektiven SittUchkeit faßt G. W. Hegel (1770—1831) den Staat in seinen GrundUnien der Philosophie des Rechtes (1821) auf. — *) Der reUgiöse Beruf des Staates, von dem das Mittelalter durchdrungen war, wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neuerdings von den Vertretern der Restaurationspolitik betont. — *) Als der angesehenste Systematiker der Wohlfahrtstheorie galt lange ZeitChristian Wo 1 f f (1679—1754). Die Lehre von derVerwaltungstechnik des Polizeistaates bildet den Gegenstand der sogenannten Polizeimssenschaften. Als ihre Hauptvertreter sind J u s t i und Sonnenfels zu nennen.— «) Eine der frühesten und wichtigsten Schriften über das Wesen der durch das Gesetz zu sichernden bürgerlichen Freiheit ist der zweite vonJohnLocke's (1632—1704)Two treatises on Government, 1689. In seinen Briefen über Toleranz ist John Locke für religiöse und geistige Freiheit eingetreten. Die geistige Seite dervom Staate zugewährenden Freiheitwurde insbesondere auch von S p i n z a betont. — ') Am strengsten willKant in seiner Rechtslehre den Staat darauf beschränken, die Rechtsordnung der gemeinsamen Freiheit herzustellen.
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
Geschichte Vor 1918
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