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48 IX. Die Ausbildunq der Staatsgewalt.
absolute Gewalt des Königs zugleich mit dem Kechte der Gesetzgebung durch
die „verneuerte Landesordnung" von 1627 begründet, der Landtagim wesentUchen
auf die Steuerbewilligung bescliränkt. Auch in den österreichischen Erbländern
ist die Macht der Stände im Laufe der Religionskämpfe zu Fall gekommen und
ihre Verwaltung versiegt; auch die SteuerbewiUigung sinkt schUeßüch zu
einer bloßen Formahtät herab. Der absolute Beamten- und Militärstaat hat freie
Bahn.
Anders in Ungarn. Hier hatte sich dieMacht der Stände^) in den Landtagen
und Komitaten ungebrochen erhalten und auch in Siebenbürgen und Kroatien-
Slawonien blieben die ständischen Einrichtungen in Kraft. Durch den Wiener
Frieden von 1606 ist Religionsfreiheit zugestanden und sind die geistlichen Be-
kenntnisse einander gleichgestellt worden. Doch erstreckten die oben genannten
kaiserhchenZentralbehörden ihreWhksamkeitauch aufUngarn und dieungarischen
Angelegenheiten wurden in der seit 1690 kollegial organisierten ungarischen Hof-
kanzlei, die siebenbürgischen in der siebenbüi-gischen Hofkanzlei bearbeitet, die
ihren Sitz in "Wien hatten.
6. Die Zentralisation der Staatsverwaltung diircli den
aufgeklärten Absolutismus.
Durch die Pragmatische Sanktion war die Grundlage zum Einheitsstaate
gelegt worden. Seine Durchfühi-ung war* das Ziel der Verwaltungsreformen, die
an den Namen Maria Theresias und Josefs H. geknüpft sind^). Nachdem Maria
Theresia1742 die geheimeHaus-, Hof- und Staatskanzlei alsMinisterium desÄußern
und des kaiserhchen Hauses von der Hofkanzlei abgezweigt hatte, trennte sie
1749 die Justiz von der Verwaltung in den obersten Instanzen und schuf für jeden
der beidenZweige eigene Zentralstellen: die oberste JustizsteUeund das Directorium
in publicis et cameralibus. Gleichzeitig wurden die österreichische und die böhmische
Hofkanzlei aufgehoben. Da sich die Vereinigung der allgemeinen Landesverwaltung
mit der Finanzverwaltung als unzweckmäßig erwies, wiu-de im Jahre 1761 die
Finanzverwaltung in derHofkammer (dem zukünftigen Finanzministerium) wieder
selbständig gestellt und die Verwaltung der „böhmisch-österreichischen Hofkanzlei"
übergeben (das nachmalige Ministerium des Innernf). Die RechnungskontroDe
handhabte die Hofrechnungskammer (das spätere Generaheclmungsdhektorium,
der gegenwärtige Oberste Rechnungshof). In den einzelnenLändern bestanden als
staathche Verwaltungsbehörden die Landesstellen (Gubernien), als unterste Ver-
waltungsstellen die Kreisämter. „Das Ganze zu übersehen, solches mit seinenTeilen
zu verbinden", also um die Gesetzgebung nach einheitUchen Gesichtspunkten vor-
^) Man denke nur an die Verbriefung der Rechte des ungarischen Adels in der goldenen
JBulle Andreas II. vom Jahre 1222. — 2) Vergl. J. B e id te 1, Geschichte der österreichischen
Staatsverwaltung 1740—1848, herausgegeben von A. H u b e r, 2 Bände. Innsbruck 1898. —
^) Ansätze za einer weitergehenden arbeitsteiligen Organisation der Zentralverwaltung
bilden die (späterhin) sogenannten ..Hofraittel", wie die Studien-, die geistliche Hofkommission,
das Kommerzdirektorium, die Bankodeputation und die Polizei- und Zensurhofstelle. Die oberste
politische Verwaltung wurde (nach dem sogenannten Provinzialsystem) für die einzelnen Länder-
gruppen durch die vereinigte böhmisch-österreichisch(-galizische), die ungarische und die sieben-
Jbürgische Hofkanzlei geführt.
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Buch Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Titel
- Österreichische Bürgerkunde
- Autor
- Heinrich Rauchberg
- Verlag
- Verlag von F. Tempsky
- Ort
- Wien
- Datum
- 1911
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.4 x 24.0 cm
- Seiten
- 278
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918